Nach dem Tod seiner Tochter in Tirol kämpft Frank Benecke für einen Blitzer auf der Unfallstraße „Ihr müsst doch irgendetwas tun, um die Kinder zu schützen“

Vor sieben Monaten starb Janine Benecke (22) im Urlaubsort Luttach in Südtirol: Ein junger Fahrer mit Alkohol im Blut war zu schnell auf der Landstraße unterwegs, fuhr in eine Gruppe junger Leute.

 Frank Benecke hat ein Holzkreuz an der Unfallstelle aufgestellt, Kerzen und Erinnerungsstücke geordnet. Die Eltern aller Opfer planen einen Gedenkstein.

Frank Benecke hat ein Holzkreuz an der Unfallstelle aufgestellt, Kerzen und Erinnerungsstücke geordnet. Die Eltern aller Opfer planen einen Gedenkstein.

Foto: Frank Benecke

Sieben von ihnen starben, zehn weitere wurden zum Teil schwer verletzt. Janines Vater kämpft jetzt dafür, dass ein Blitzer wirksam weitere Unfälle verhindert.

Die jungen Leute hatten an einer organisierten Reise teilgenommen, waren am Abend im Nachtlokal Hexenkessel gewesen. Ein Shuttle-Bus brachte sie kurz vor ein Uhr nachts zurück zu ihren Hotels. Als sie gerade den Bus verlassen hatten, raste der Unfallfahrer in die Gruppe.

„Das ist eine bekannte Rennstrecke“, sagt Frank Benecke. Zwischen zwei Ortsteilen sei Tempo 70 erlaubt, ab kurz vor der Unfallstelle gelte wieder 50. Mit welcher Geschwindigkeit der Unfallfahrer unterwegs war, darüber streiten die Gutachter. Die Zahlen reichen von 80 bis 120 Stundenkilometer. Frank Benecke sagt: „Die Stelle verleitet zum Rasen.“

Der Mitarbeiter des Wuppertaler Gebäudemanagements und langjährige Basketballer setzt sich jetzt für einen Blitzer ein. Schon kurz nach dem Tod seiner Tochter sei er zum Bürgermeister des Ortes gegangen, habe gefordert: „Ihr müsst doch irgendetwas tun, um die Kinder zu schützen.“ Und auch bei einem zweiten Besuch drängte er erneut.

Durch  einen Unfall
leiden 100 Menschen

Er erklärt, Luttach sei beliebtes Ziel von Klassenfahrten, jedes Jahr kämen zahlreiche Jungen und Mädchen für Ski-Freizeiten in den Ort. Und übernachteten in den Hotels an der Unfallstelle. „Vor anderthalb Jahren gab es schon mal einen Unfall“, sagt Frank Benecke. „Ich kann nichts mehr für mein Kind tun. Das einzige, was ich tun kann, ist, weitere Kinder zu schützen.“

Auf seine Anregung hat die Gemeinde bis jetzt nicht reagiert, auch wenn der Bürgermeister in Briefen seine Betroffenheit und sein Mitgefühl ausdrückt. Die einzige Begründung, die Frank Benecke kennt, lautet, dass im Ort ein Ortspolizist fehle, um das Gerät auszulesen. Benecke hält das für „an den Haaren herbeigezogen: „Das kann man doch heute direkt auf einen Computer übertragen.“ Und er ergänzt: „In jedem Dorf vorher steht ein Blitzer.“ Für eine Nachfrage der WZ war der Bürgermeister von Luttach kurzfristig nicht erreichbar.

Im Juni war Frank Benecke erneut in Luttach. Gemeinsam mit seiner Frau hat er ein Holzkreuz an der Unfallstelle aufgebaut. „Das war mir ein Bedürfnis.“ Das Grundstück an dieser Stelle sei zum Glück Privatgrund, der Bauer sei sofort dafür gewesen, dass er das Kreuz dort aufstelle. Mittelfristig wollen die Eltern aller Opfer einen gemeinsamen Gedenkstein aufstellen. Am Wochenende haben sie sich getroffen: „Überall das gleiche Leid“, sagt Frank Benecke. Durch einen Unfall litten rund 100 Menschen. Er selbst sagt: „Ich weiß nicht, wie ich ins Leben zurückfinden soll.“

Wann der Prozess gegen den Fahrer beginnt, steht noch nicht fest. Es gibt bereits mehrere Gutachten zum Unfallhergang. Aktuell macht ein von der Verteidigung in Auftrag gegebenes Gutachten Schlagzeilen. „Die wollen unseren Kindern eine Mitschuld an dem Unfall geben“, beklagt Frank Benecke. Es geht um die Frage, ob die jungen Leute die Straße auf dem Zebrastreifen oder einige Meter weiter überquert haben und ob der Fahrer sie hat sehen können. Und um die Geschwindigkeit des Unfallautos. Das Verteidiger-Gutachten sei „absoluter Mumpitz“, sagt Frank Benecke. Auch der Staatsanwalt habe ihm gegenüber seine Zweifel an dem Gutachten ausgedrückt.

Deshalb geht er davon aus, dass bei einem Termin am 14. September vor dem Landgericht Bozen nicht wie geplant die Beweissicherung beendet wird, sondern noch länger dauert. Die Anklage könne auf „Fahrermord“ lauten, einen Straftatbestand, den es in Deutschland nicht gibt. Bis zu 18 Jahre Haft drohten dem Angeklagten. Abhängig sei das unter anderem davon, wie weit der Fahrer die vorgegebene Geschwindigkeit überschritten hat.

In dem Prozess wird Frank Benecke wie viele andere Eltern als Nebenkläger auftreten. „Das bin ich meiner Tochter schuldig.“

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