Nach dem Reizgas-Angriff: Neue rechte Szene im Visier

Nach der Attacke im Cinemaxx ermittelt der Staatsschutz wegen Landfriedensbruchs. Im Fokus steht eine neue Szene in Vohwinkel.

Wuppertal. Angehörige einer neuen rechtsradikalen Szene in Vohwinkel sollen für den Reizgas-Angriff am Dienstagabend im Cinemaxx - dort zeigte das Medienprojekt einen Aufklärungsfilm über rechtsradikale Szenen - verantwortlich sein (Kasten rechts). Wie gestern berichtet, nahm die Polizei noch am Abend 13 Männer fest. Der Vorwurf: Landfriedensbruch. Unter den 13sind fünf Minderjährige (15und 17 Jahre alt), die nicht in Wuppertal (Essen, Düsseldorf, Mühlheim, Frechen, Grevenbroich) wohnen. Sie wurden noch in der Nacht den Erziehungsberechtigten beziehungsweise der Jugendschutzstelle übergeben.

Sechs von den acht weiteren Tatverdächtigen im Alter von 18 bis 25 Jahre stammen laut Polizei aus Wuppertal. Der Staatsschutz rechnet sie besagter Neonazi-Szene zu, die ihren Treffpunkt in der Nähe des Vohwinkeler Bahnhofs hat. Bis gestern befanden sich die acht Männer im Polizeigewahrsam und wurden verhört. Einige der Verdächtigen sollen ausgesagt haben. Haftbefehle wurden nicht beantragt. Im Laufe des Nachmittags kamen die Männer wieder auf freien Fuß.

Dem Staatsschutz ist schon länger bekannt, dass es in Vohwinkel eine neue rechtsradikale Szene gibt. Die setze sich aus etwa 15 jungen Männern zusammen. Die Gruppe sei ohne erkennbare Führungsstruktur und werde den "autonomen Rechtsnationalisten" zugerechnet.

Bislang wurde die neue Szene lediglich mit Hetz-Aufklebern im Bereich Hammerstein in Verbindung gebracht. Prügeleien habe es zwischen Rechts- und Linksradikalen gegeben, hat der Staatsschutz schon vor Wochen auf Nachfrage der WZ bestätigt. Allerdings sei wegen Ressentiments gegen die Polizei damals keine Anzeige erstattet worden.

Seit Dienstagabend muss die Szene neu bewertet werden. "Die Freilassung der Tatverdächtigen bedeutet nicht das Ende der Ermittlungen", sagte ein Polizei-Sprecher gestern. Auch Cinemaxx-Chef Detlef Bell hat Anzeige erstattet. Er lobte gestern das Eingreifen der Polizei: "Aus meiner Sicht war das schnell und effizient. Ich bin sehr froh, dass es so glimpflich abgegangen ist." Wie berichtet, waren vier Personen von Reizgas getroffen worden, das die mutmaßlichen Neonazis im Eingang zum Cinemaxx-Foyer versprüht haben sollen. Laut Polizei handelt es sich bei den Opfern um Mitarbeiter des Kinos und des vom Medienprojekt für den Abend engagierten Sicherheitsdienstes. Ernstlich verletzt wurde laut Polizei niemand.

Auch deswegen sah die Staatsanwaltschaft keine Handhabe, einen Haftbefehl zu beantragen. Einschlägig vorbestraft sei keiner der Verdächtigen. Beim Reizgas-Angriff an der Kluse sei keine übergeordnete Führung erkennbar.

Derzeit gehen die Ermittler davon aus, dass sich die mutmaßlichen Neonazis via Internet oder Handy verabredet haben. Zwei Verdächtige reisten aus Köln, einer aus dem Raum Koblenz an. Eine Verbindung zu rechtsradikalen Parteien oder Organisationen sei bislang nicht erkennbar, hieß es gestern. Die Ermittlungen dauern an.

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