Mordprozess: Die angeblichen Lügen des Daniel B.

Im Verfahren um den gewaltsamen Tod einer 15 Jahre alten Schülerin und deren Mutter (53) zieht der Bruder des Angeklagten dessen Glaubwürdigkeit in Zweifel.

Wuppertal. Der Zeuge, der um 10 Uhr den Saal 12 des Justizzentrums betritt, hat für den Mann auf der Anklagebank keinen Blick übrig. Dabei sind die beiden Brüder. Doch die Unterschiede könnten nicht größer sein. Daniel B. (31) befindet sich in U-Haft. Er hat gestanden, erst seine 15 Jahre alte Freundin und dann deren Mutter (53) erstickt zu haben. Ihm droht eine lebenslange Haftstrafe.

Daniel B. will aus Wut getötet haben. Wut darüber, dass ihn das Mädchen als Versager beschimpft und ihn geohrfeigt habe. Wut auch auf die Mutter, weil sie ihn für das Schulschwänzen seiner minderjährigen Freundin verantwortlich gemacht habe. Und: B. hat seinen tödlichen Zornes-Ausbruch damit begründet, dass er als Kind vom Vater geschlagen, ja verprügelt worden sei. Unter anderem deswegen habe er wieder ins Bett gemacht.

Der sieben Jahre ältere Bruder des Angeklagten stellt das anders dar. Misshandlungen habe es in der Familie nicht gegeben. Weil seinem jüngeren Bruder als Kind eine Niere entfernt wurde, sei er zwischenzeitlich zum Bettnässer geworden. Nach dem Schlaganfall der Mutter im Jahr 2003 habe sich der jüngere Daniel der rechten Szene zugewandt, sei in Springerstiefeln und mit Glatze aufgetreten und auf die schiefe Bahn geraten. Die Eltern seien darüber entsetzt gewesen, hätten aber ihre Hilfe angeboten. Irgendwann sei dann der Kontakt komplett abgerissen.

Daniel B. bestreitet die Darstellung seines älteren Bruders. Der habe als Erstgeborener einen besseren Stand bei den Eltern gehabt. Laut B. hat der Vater - er hat im Prozess von seinem Schweigerecht Gebrauch gemacht - Ohrfeigen verteilt und mit dem Kochlöffel oder einem Gürtel geschlagen. Der 31-Jährige will sich schon vor Jahren der linken Szene zugewandt haben. Sein martialisches Skinhead-Outfit blieb - und die elf Vorstrafen. Verglichen mit den jetzt erhobenen Totschlags- und Mord-Vorwürfen eher Kleinkram.

Doch was kann man dem geständigen Angeklagten glauben? Die Behauptung, am Tattag gearbeitet zu haben, hat er bereits zurückgezogen. Angetrunken sei er gewesen, hat B. ausgesagt. Doch für die "zehn bis 20 Wodka-Lemon", die er vor der Tat in einer Billig-Kneipe in Barmen getrunken haben will, gibt es keine Beweise. B.behauptet, die 15-Jährige habe sich nicht gewehrt, als er sie mit einem Kissen - Aufschrift: "Ich hab’ Dich lieb" - erstickt hat. Die Kripo hält das für nicht realistisch. B. hat vor dem Haftrichter über seine Ex-Freundin gesagt: "Ich liebe sie noch immer". Der Prozess wird fortgesetzt.

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