Ministerin Steffens zur Forensik: „Ich habe keine Sicherheitsbedenken“

Ministerin Barbara Steffens nimmt Stellung zu den Plänen für Wuppertal.

Frau Steffens, Sie haben Wuppertal als Standort für eine von fünf neuen Forensik-Kliniken ausgewählt. Warum?

Barbara Steffens: Wir haben landesweit einen Bedarf von 750 Plätzen in forensischen Kliniken, das entspricht fünf neuen Einrichtungen. Wir haben uns dafür entschieden, in den fünf Landgerichtsbezirken, die einen höheren Bedarf als Plätze haben, Standorte zu suchen. Im Bezirk Wuppertal fehlen 180 Plätze. Im vergangenen Jahr haben wir alle Kommunen angeschrieben und um Vorschläge gebeten. Aus dem Bezirk Wuppertal kam kein geeigneter — daher haben wir uns selbst auf die Suche machen müssen. Das Gelände der Bereitschaftspolizei an der Müngstener Straße ist geeignet.

Zum Landgerichtsbezirk Wuppertal gehören auch Solingen und Velbert, die keine Gefängnisse haben. Warum wird nicht dort gebaut?

Steffens: Weil uns dort keine Grundstücke bekannt sind, die geeignet und verfügbar sind.

Die CDU in Wuppertal sagt, Sie verschonten Solingen, weil dort Ihre Parteifreundin, die stellvertretende Ministerpräsidentin Sylvia Löhrmann, ihre politische Heimat hat.

Steffens: Das ist falsch. Wenn mir jemand ein fünf Hektar großes Grundstück in Solingen bringt, das geeignet wäre, prüfen wir es sofort.

Die Stadt Wuppertal hat mit der Kleinen Höhe einen zweiten Standort vorgeschlagen, nachdem Sie das Gelände auf Lichtscheid präsentiert hatten. Wie weit sind die Prüfungen, gibt es erste Tendenzen?

Steffens: Nach erster Prüfung ist das Grundstück grundsätzlich geeignet. Aber jetzt läuft die intensive, die vertiefte Prüfung. Es wird genau untersucht, ob dort eine Forensik mit den für ein Krankenhaus notwendigen Schutzansprüchen gebaut werden kann. In diesem Zusammenhang wird auch geklärt, ob die Klinik mit möglichen anderen Planungen vereinbar ist.

Wie lange wird die Prüfung dauern?

Steffens: Das kann ich noch nicht sagen. Aber eines ist klar: Wir wollen im kommenden Jahr die Bauvoranfrage stellen. Dann ist das Verfahren abgeschlossen.

Gibt es noch die Chance, eine andere Fläche als die beiden bereits bekannten zu finden?

Steffens: Ja, wenn sie geeignet und verfügbar ist. Wir verschließen uns keinem Vorschlag. Aber das Zeitfenster ist nicht mehr allzu groß. Weitere Vorschläge liegen mir nicht vor. Wir wollen im kommenden Jahr die Entscheidung treffen.

Der Standort Lichtscheid liegt mitten in einem Wohngebiet. Können Sie eine Ansiedlung dort verantworten?

Steffens: Ja. Wir haben jetzt schon in Innenstädten forensische Kliniken, wie etwa in Essen, Köln oder Dortmund. Aus den neuen Einrichtungen ist in den vergangenen zehn Jahren kein einziger Patient ausgebrochen.

Wird es Freigang für Sexualstraftäter geben?

Steffens: Zunächst einmal muss man wissen, dass die Gruppe der Gewalttäter und die der Sexualstraftäter diejenigen mit der längsten Verweildauer in den Forensiken sind. Manche von ihnen kommen da nie wieder heraus. Ziel ist, sie zu therapieren. Wenn es beispielsweise zu Lockerungen kommen kann, dann dürfen sie sich zunächst frei auf dem Klinikgelände bewegen. Dann steht nach einer langen Zeit vielleicht ein Ausgang mit einem Betreuer, später vielleicht unter Aufsicht in einer Gruppe an. Ein Freigang steht ganz am Ende eines langen Prozesses und wird nur gewährt, wenn Ärzte, Pfleger und bei besonders schwierig zu beurteilenden Patienten auch ein externer Gutachter dies für verantwortbar halten.

An den anderen vier Standorten hat es bereits Bürgerversammlungen gegeben. Warum noch nicht in Wuppertal?

Steffens: Ich halte es jetzt für sinnvoll, erst dann eine Versammlung einzuberufen, wenn die Standortfrage geklärt ist.

Wie ist die Stimmung an den anderen neu ausgewählten Standorten?

Steffens: Überall gibt es starke Verunsicherungen und Ängste. Das kann ich gut verstehen, umso wichtiger ist der Dialog. Ich fordere ausdrücklich alle Beteiligten auf, sich am Planungsprozess zu beteiligen. Da ist es für mich auch kein Ausschlusskriterium, wenn jemand gegen das Projekt klagt.

Würden Sie mit Ihrer Familie in der Nähe einer Forensik wohnen?

Steffens: Ja, denn ich habe keine Sicherheitsbedenken. Bei allem Verständnis für die Bedenken gegen die Forensik: Es gibt Sexualstraftäter im normalen Vollzug, die werden nicht therapiert und werden entlassen. Da gibt es viel mehr Unsicherheiten.

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