Rezension Michael Zeller stellt zwei Künstlertypen gegenüber

Wuppertal · „Die Sonne! Früchte. Ein Tod“ über Modersohn-Becker und Anderland wurde neu aufgelegt.

 Michael Zellers Roman über Modersohn-Becker ist schon 1985 entstanden.

Michael Zellers Roman über Modersohn-Becker ist schon 1985 entstanden.

Foto: Fries, Stefan (fri)

Mit der großen Ausstellung im Von der Heydt-Museum ist Paula Modersohn-Becker in Wuppertal bekannt geworden. Der Wuppertaler Autor Michael Zeller hatte sich schon 1985 anlässlich eines Stipendiums in der Künstlerkolonie Worpswede mit der expressionistischen Malerin beschäftigt. Sein damals entstandener Roman „Die Sonne! Früchte. Ein Tod“ ist nun beim assoverlag neu aufgelegt worden.

Zeller stellt in seinem 139 Seiten starken Büchlein zwei Künstlertypen gegenüber: den Schriftsteller Anderland, einen eher unsicheren Mann, der mit seinem Werk und seinem Selbstbild ringt, und die Malerin, die sich den Konventionen der Zeit und ihrem Ehemann widersetzt. In der ich-Perspektive schildert Zeller ausführlich die Gedanken und Assoziationen des Schriftstellers, der sich von seiner Zimmernachbarin immer mehr angezogen fühlt. Paula Modersohn-Becker erscheint vor allem in Dialogen mit „ihrem flinken norddeutschen Mundwerk“: Sie macht sich etwas über den steifen Schriftsteller lustig, erläutert ihm ihre Malweise, erzählt von ihrem Ehemann, der sie lieber in der Rolle der Hausfrau und Mutter an seiner Seite sähe denn als Malerin im fernen Paris.

Statt Überschriften
nutzt Zeller Schlagworte

In feinfühligen Szenen schildert Zeller das Leben von Paula Modersohn-Becker 1906 in ihrem einfachen Zimmer, ihr intensives Malen ohne Pause, wenn sie in einen Flow gerät. Mehr Raum jedoch nimmt Anderland ein: Er will ein Theaterstück über Marat schreiben, kommt aber nicht so recht voran. Zweifel nagen an ihm, ob es gut war, den festen Beruf zugunsten des freien Schriftstellertums aufzugeben. Gleichzeitig horcht er angestrengt ins Nebenzimmer, verzeichnet jede Regung seiner Nachbarin, ist glücklich, wenn er ein paar Stunden mit ihr verbringen darf.

Statt Überschriften stellt Zeller den einzelnen Abschnitten ein oder zwei Schlagworte voran, „Das Gastmahl“, „Augen“ oder „Im Paradies“. In eleganter, intellektueller Sprache schildert er den Tanz zwischen dem verliebten, aber die Schranken der Ehe akzeptierenden Mann und der neckischen, gleichzeitig kindlichen und tiefsinnigen Frau. Zum Schluss dreht er die Schraube noch weiter und behauptet in einem Nachwort, den Text in einer Klosterbibliothek gefunden zu haben, als Vermächtnis von Anderland.

Die Sonne! Früchte. Ein Tod hat 139 Seiten und kostet 12 Euro. Assoverlag Oberhausen 2019.

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