Martin Stadtfeld begeistert mit entschlackter Klaviertechnik

Shootingstar der deutschen Pianistenszene trat in der Stadthalle auf.

Martin Stadtfeld begeistert mit entschlackter Klaviertechnik
Foto: Andreas Fischer

An Martin Stadtfeld scheiden sich die Geister. Diejenigen, welche eine trockene, ent-schlackte Klaviertechnik bevorzugen, wenn es um Literatur Johann Sebastian Bachs geht, raufen sich die Haare. Andere feiern hingegen sein unkonventionelles Spiel. Deswegen hat er bereits vier Echo-Klassik-Preise eingeheimst. Vergangenes Jahr war er schon einmal mit einem Bach-Chopin-Programm in Wuppertal. Nun, auf Einladung der Kulturabteilung der Bayer-Werke, kam der 37-jährige Shootingstar der deutschen Pianistenszene in den Mendelssohn Saal der Stadthalle, um seine Sichtweise auf Bach und Robert Schumann deutlich zu machen.

Los ging es mit einem Kanon aus Bachs „Musikalischem Opfer“ (BWV 1079), dem sich nahtlos zwölf Klavierstücke mit dem Titel „Hommage an Bach“ von Stadtfeld anschlossen. Nur an der stringenten Komposition des barocken Meisters waren Unterschiede zu den bisweilen nicht konsequent zu Ende geführten Tonsatztechniken des Pianisten bemerkbar. Denn die Klavierklänge mit ihrem über weite Strecken romantischen Duktus waren bei beiden Tonschöpfungen identisch. Dabei faszinierte er mit einer außeror-dentlichen nuancierten An-schlagskultur vom lautesten Forte bis zum leisesten Piano. Kaum hörbare säuselnde Klänge im Bass wie Diskant: Diese Sensibilität macht ihm so schnell keiner nach. Nach der Pause verband Stadtfeld Schumanns „Kinderszenen“ op. 15 mit Bachs Chaconne aus der zweiten Violinpartita in d-Moll (BWV 1004) in einer schönen, schlanken Klavierbearbeitung vom Interpreten.

Was war Schumann, was war Bach? Auch hier gab es klanglich keine Differenzen zwischen den Komponisten. Die ihnen eigenen stilistischen Merkmale wurden nicht herausgearbeitet. Bombastische, verklärte, träumerische Tongebungen gingen bei ihm Hand in Hand, war es die Musik aus dem Jahr 1720, waren es die 118 Jahre später entstandenen damals einflussreichen 13 romantischen Programm-Miniaturen. Die effektvolle Toccata in d-Moll, op. 11 von Sergei Prokofjew schloss sich als Zugabe an. Dabei spielte Stadtfeld die ostinaten Töne und Akkorde mit einem adäquat harten Anschlag.

Schließlich ging es mit einem der 14 Canones aus dem „Handexemplar“ der Goldberg-Variationen wieder zurück zu Bach, der wie ein Wiegenlied daher kam. Der anhaltende begeisterte Applaus überwog. Es gab aber auch Besucher, die wegen Stadtfelds teils manieriert anmutender Haltung verunsichert waren.

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