„Man muss als Arbeiter Widerstand leisten“

Hermann Kopp von der Marx-Engels-Stiftung bedauert, dass der Tag der Arbeit am 1. Mai zu wenig Gewicht in der Öffentlichkeit hat.

„Man muss als Arbeiter Widerstand leisten“
Foto: Anna Schwartz

Gathe. In wenigen Tagen, genauer gesagt am Montag, ist bereits der 1. Mai. Und das bedeutet für die meisten: Endlich mal wieder einen Tag gesetzlich verordnet frei haben. Keine Arbeit. Dafür vielleicht eine Fahrradtour, Picknick im Park, Zeit für die Familie. Hermann Kopp, der Vorsitzende der Marx-Engels-Stiftung, ist der Meinung, dass die eigentliche Bedeutung des Tages der Arbeit im öffentlichen Bewusstsein viel zu kurz kommt. Und das sei schade.

„Die Menschen sollen ja auch die Gelegenheit haben, ihre Freizeit zu feiern, das ist eine wichtige Sache“, sagt Kopp. „Aber das Bewusstsein für den Ursprung dieses Tages ist doch gemeinhin verloren gegangen.“ Zwar gebe es die großen Kundgebungen der Gewerkschaften und Demonstrationen in einigen Städten. Außerhalb des Gewerkschafts-Dunstkreises verliere sich das Interesse an der Bedeutung des 1. Mais aber rasch.

„Dabei geht die Verbesserung der Arbeitsbedingungen doch einen jeden an“, findet Hermann Kopp. Laut aktuellen Befragungen arbeiteten die meisten Menschen 40 bis 42 Stunden pro Woche, die Arbeitsbelastung habe sich zudem in den letzten Jahren intensiviert.

„Man muss — und das ist die Geschichte des Tages der Arbeit — als Arbeitnehmer Widerstand leisten“, betont Hermann Kopp. Seit Ende des 19. Jahrhunderts, wo auf der ganzen Welt Arbeiteraufstände die bis heute andauernde Bewegung in Gang setzten, sei natürlich viel passiert. Denn es gibt heute Kranken- und Arbeitslosenversicherungen, der Acht-Stunden-Tag wurde eingeführt. „Und trotzdem gibt es auch heute noch Zustände am Arbeitsplatz, die nicht tragbar sind“, so Kopp. Das seinen beispielsweise niedrige Lohnniveaus in bestimmten Berufen oder das Auslagern von Arbeitsplätzen in andere Länder — auch innerhalb der EU. Im letzten Jahr seien die Löhne insgesamt zwar leicht gestiegen, allerdings ging die Entwicklung davor über Jahre hinweg in die andere Richtung.

Ein wichtiges Merkmal der Arbeiterbewegung sei immer die internationale Dimension gewesen. Wenn nicht nur in einem Land, sondern in mehreren für eine Sache gekämpft werde, habe das mehr Einfluss. Jedoch: „Die Globalisierung hat nicht etwa dazu beigetragen, dass allen Menschen bessere Standards zugänglich werden, im Gegenteil. Sie nützt in erster Linie dem Kapital, die Arbeitnehmer werden dabei gegeneinander ausgespielt, etwa durch die Auslagerung von Arbeitsplätzen.“

Der 1. Mai wurde im Jahr 1933 von den Nationalsozialisten zum Feiertag gemacht — was aber auch schon in der Weimarer Republik versucht worden war. Die Marx-Engels-Stiftung wird für den 1. Mai keine eigene Veranstaltung in Wuppertal organisieren, der über ganz Deutschland verteilte Vorstand wird bei den jeweiligen Gewerkschaften und Parteien, denen die Mitglieder angehören, mitarbeiten. Hermann Kopp steht an einem Stand der Stiftung in Düsseldorf.

Der Philosoph und Gesellschaftstheoretiker Friedrich Engels — Mitstreiter von Karl Marx — war einer der maßgeblich Beteiligten des internationalen Zusammenschlusses der Arbeiterorganisationen, die am 1. Mai 1889 ihre Forderungen, wie etwa den Acht-Stunden-Tag, festschrieben.

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