Wuppertaler Meisterwerke Luftakrobaten kämpfen gegen eine unbestimmte Bedrohung

Wuppertal · Bild von Max Beckmann ist im Von der Heydt-Museum zu sehen.

„Luftakrobaten“ von Max Beckmann.

„Luftakrobaten“ von Max Beckmann.

Foto: Von der Heydt-Museum

Mit neun Gemälden und 110 Papierarbeiten bildet das Werk Max Beckmanns einen Schwerpunkt in der Sammlung des Von der Heydt-Museums. Seine ausdrucksmächtige Malerei hat besonderes Gewicht in der europäischen Kunst des 20. Jahrhunderts. Neben seinem gesellschaftskritischen Werk der 1920er Jahre ist vor allem sein bedeutendes Spätwerk mit großen, dichtgedrängten Figurenkompositionen in mythologisch gestimmter, allegorischer Bildsprache bekannt. Auch in unserer derzeitigen Sammlungspräsentation „Blockbuster – Museum“ sind allein 17 Werke von Beckmann zu sehen, darunter auch seine „Luftakrobaten“ von 1928.

Das Bild zeigt eine Frau in einem engen Korb eines Heißluftballons, die eine Handfahne hebt, während ihr männlicher Gegenpart, kopfüber am Korbrand hängend, die entsprechende Geste abwärts vollführt. Die Nationalflaggen der USA und der Niederlande sind leicht modifiziert: Bei der amerikanischen ist das Wappenfeld vom linken Obereck nach unten gerutscht, die niederländische Fahne zeigt nach doppelter Umkehrung die richtige Farbfolge. Zum Zeitpunkt der Entstehung des Bildes konnte Max Beckmann (1984-1950) nicht wissen, dass er hiermit auf die Länder seines späteren Exils anspielte, stand er doch 1928 auf dem Höhepunkt seines Ruhmes in Deutschland.

Die weibliche Figur, die seiner Frau „Quappi“ gleicht, ist mit Halskette und Spitzenborten geschmückt. Den Mann dagegen weisen kurze Hose und Trikot als Sportler aus. 1928 wurden die olympischen Sommerspiele in Amsterdam ausgetragen, an denen Deutschland erstmals nach Kriegsende wieder teilnahm, die USA als „Siegernation“. Die massiven Fahnenstangen in den Fäusten wecken allerdings Zweifel an der Harmlosigkeit des Feiertags- oder Sportsnationalismus.

Das Gegensatzpaar schwebt isoliert und in Opposition

Über tiefem Horizont schwebt das Gegensatzpaar isoliert und in Opposition zueinander – nach Geschlecht, Haltung und Körpersprache. Während die Frau vor grünem Velum seelenruhig in die Ferne blickt, kämpft unten der Mann mit der Schwerkraft, zu bepackt, um akrobatische Hänge auszuführen. Den Kopf zwischen die Schultern gezogen, mit der Rechten eine Tuba umklammernd, fehlt ihm jede luftakrobatische Eleganz. Ein Fallschirm und abwärts gleitende Schriftstücke unterstreichen das Motiv des Fallens. Der Bildaufbau betont die Unversöhnlichkeit des Antagonismus: Die Frau befindet sich in der Aufwärts-, der Mann in der Abwärtsdiagonale. Das für Beckmann charakteristische Schwarz hat hier eine zentrale Bedeutung. Die tiefschwarze Öffnung des Schallbechers mit hellem Kranz gleicht einem großen Fischauge, das eine unbestimmte Bedrohung signalisiert.

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