Offen gesagt Für alle, die das Richtige tun

Arnd Krüger gehört normalerweise nicht zu den Lautsprechern in Wuppertal. Eher leise, höflich zurückhaltend vertritt er seit Jahr und Tag die Interessen seiner Kollegen. Der Meister der Kreishandwerkerschaft Wuppertal-Solingen hat sich so als Sachwalter, als Problembeschreiber und pragmatisch lösungsorientierter Gesprächspartner einen Namen gemacht.

Das Handwerk und seine Betriebe genießen einen guten Ruf im Bergischen Land. Selbst lange Wartezeiten und überbuchte Auftragsordner in vielen Betrieben haben in den vergangenen Monaten kaum zu Unmut geführt. Auch das ist nicht zuletzt Krüger zu verdanken, der es in Zeiten wie diesen als nüchterner Bewerter versteht, Druck aus dem Kessel zu nehmen.

Dabei sind nicht fertig werdende Baustellen wie etwa die des Wilhelm-Dörpfeld-Gymnasiums freilich keine Banalität. Aber niedrige Zinsen und verbreiteter Wohlstand bedeuten eben gute Zeiten für das Handwerk. Es gibt keinen Grund, sich dafür zur entschuldigen. Deshalb macht Krüger das auch nicht. Er erklärt es nur.

Wenn ein Mensch wie Arnd Krüger Gefühle sprechen lässt, dann muss ihm schon etwas sehr auf seinen Nägeln brennen. Am vergangenen Sonntag ist es soweit gewesen. Krüger hat die große Politik bemüht, was ganz untypisch ist für jemanden, der aus Ruhe und Gelassenheit seine Kraft zu schöpfen scheint. Aber die Geschehnisse im Osten der Republik, die rechten Rüpel, die Chemnitz unsicher machen, trieben und treiben den Wuppertaler Kreishandwerksmeister um. In seinem Weltbild ist kein Platz für Neonazis und Rechtsextremisten. Und seine Kollegen in allen Gewerken pflichteten ihm darin bei, dass die Flüchtlinge bei allem Aufwand, der für sie betrieben werden muss, für Deutschland auch ein Segen sein können.

Krüger hat gesagt, was die weit überwiegende Mehrheit in Deutschland und erst recht in Wuppertal denkt – aber eben nicht sagt. Denn die Aufbruchstimmung ist dahin, das fröhliche Willkommen ist verstummt, die helle Freude daran, dass Deutschland anders ist, als so viele in der Welt angesichts der dunklen Jahre noch denken mögen, ist erst Routine geworden und droht nun, einem anderen Bild Platz zu machen.

Deshalb ist es gut, richtig und bemerkenswert, dass Arnd Krüger die Flüchtlingsfrage in die richtigen Zusammenhänge gestellt hat. Es stimmt auch, was er nicht sagte: Integration ist Arbeit, sie kostet Zeit, Mühe, Geld und die Langmut zu akzeptieren, dass unter den etwa 900 000 Zugewanderten aus Syrien, dem Irak, aus Iran, Marokko, Tunesien und sonst woher, nicht ausschließlich Chorknaben gewesen sind. Angesichts von Gewaltverbrechen und sexuellen Übergriffen ist sicher auch all jenen das Lächeln im Antlitz gefroren, die sich noch gern an die Bilder purer Hilfsbereitschaft im Sommer 2015 erinnern.

Die Kriminalfälle sind erschreckend, selbstverständlich strafwürdig und Asylrecht verwirkend. Aber sie sind die Ausnahme. Auch diese Botschaft geht von den Worten Krügers aus. Und es ist gut, dass er sie gesprochen hat.

Die Frage ist nur, warum es des Kreishandwerksmeisters bedarf, um Wuppertal in der Flüchtlingsfrage zu positionieren? Es wäre Aufgabe des Oberbürgermeisters und der im Rat vertretenen demokratischen Parteien gewesen, Wuppertals Bürger der Haltung zu versichern, die in Wuppertal die breite Mehrheit repräsentiert. Hier wird Menschen in Not geholfen, egal, woher sie kommen. Hier ist kein Platz für Rassisten und für Hetzer.

So eine Rede von Oberbürgermeister Andreas Mucke hätte nicht einmal den Beigeschmack von Wahlkampf gehabt. Sie hätten vielmehr denen Sicherheit gegeben, immer noch das Richtige zu tun, die sich seit Jahren persönlich darum bemühen, jene in die Gesellschaft zu integrieren, die in Deutschland bleiben dürfen und die bleiben wollen. Sie helfen damit in erster Linie den Flüchtlingen, sie helfen aber auch unter anderem Handwerksbetrieben, die schon heute nicht genügend Lehrlinge finden und morgen nicht genügend Meister. Sie helfen Wuppertal. Sie helfen Deutschland. Vor allem das unterscheidet sie von den rechten Krakelern auf den Straßen und  im

Bundestag.

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