Fußball Wo fängt Rassismus auf dem Platz an?

Wuppertal · Trainer des TSV Union mahnt zu mehr Sensibilität. Schweigeminute am Wochenende.

 Im Profibereich werden regelmäßig Wimpel mit Aufschriften wie „Nein zu Rassismus“ ausgetauscht. Auch bei den Amateuren gibt es am Wochenende vor den Spielen eine Schweigeminuten aus Anlass des rechtsextremistischen Anschlags von Halle und in Gedenken an die Opfer.

Im Profibereich werden regelmäßig Wimpel mit Aufschriften wie „Nein zu Rassismus“ ausgetauscht. Auch bei den Amateuren gibt es am Wochenende vor den Spielen eine Schweigeminuten aus Anlass des rechtsextremistischen Anschlags von Halle und in Gedenken an die Opfer.

Foto: picture alliance / dpa/Jan Woitas

Nach dem rechtsextremistisch motivierten Anschlagsversuch auf die Synagoge und den Morden in Halle hatte Fußball-Oberligist 1. FC Bocholt am Mittwochabend schnell reagiert und vor dem Pokalspiel gegen den WSV eine Schweigeminute eingelegt, um gleichzeitig ein Zeichen gegen Rassismus zu setzen. Ähnliches wird es in Wuppertal auf den Fußballplätzen am Wochenende auch geben. Der Fußballverband Niederrhein schickte einen entsprechenden Textvorschlag des DFB an die Vereine. Laut dem Fußballkreisvorsitzenden Stefan Langerfeld ist der Kampf gegen Rassismus ungeachtet der Vorfälle von Halle im Fußballkreis seit Jahren ein Thema. Der Fußball sei da ein Spiegel der Gesellschaft, dort träfen Menschen verschiedener Herkunft, verschiedener Glaubensrichtungen und Kulturen im Wettkampf aufeinander. Wie in der Gesellschaft generell, sei auch im Fußball zu beklagen, dass der Respekt voreinander immer mehr schwinde. Der Verband versuche unter anderem mit Beratungsangeboten für die Vereine, aber auch mit Strafen gegenzusteuern.

Dass die Zahl der Fälle von Rassismus zugenommen habe, könne er aber nicht berichten. Schiedsrichter sind angewiesen, Beleidigungen, nicht nur gegen ihre Person streng zu ahnden. Wird es in den Spielbericht als rassistische Beleidigung eingetragen, geht es nicht an die Kreis-, sondern direkt an die Bezirksspruchkammer als höhere Instanz. „Das ist in den vergangenen eineinhalb Jahren aber nur ein Mal vorgekommen“, sagt Jens-Uwe Baum, Vorsitzender des Kreisfußballausschusses.

Rote Karten wegen Beleidigung sind da schon häufiger, berichtet Erik Mahler, Chef des Kreisschiedsrichterausschusses. Ob es sich um eine rassistische Beschimpfung handele, da seien die Übergänge manchmal fließend. Schimpfworte wie Nazi zu deutschen Spielern seien dabei genauso wenig zu tolerieren wie ausländerfeindliche Äußerungen. „Wenn ein Spieler oder Verantwortlicher unseres Vereins sich dementsprechend äußert, fliegt er sofort raus“, sagt Roman Benkert, Sportlicher Leiter des TSV Ronsdorf. Leider scheine das nicht in jedem Verein so zu sein, wie das sein TSV gerade erst im Kreis-Pokal erlebt habe.

Spieler werden häufig
auf Nationalität reduziert

„Auf einem Fußballplatz geht es immer mal hitzig zu, jeder sagt mal etwas Blödes, weil er gerade verliert oder Stress hat“, sagt Robert Lange, Spielertrainer von A-Kreisligist TSV Union. Sowohl im Fußball als auch im Beruf habe er sich bisher immer dagegen gewehrt, wenn jemand sagte, er werde als Ausländer anders behandelt als ein Deutscher. Doch zunehmend bemerke er auf dem Platz, dass bei Fouls oder Beschimpfungen immer wieder Spieler auf ihre Herkunft und Nationalität reduziert würden. „Mittlerweile merke ich den Unterschied. Es ist doch etwas anderes, wenn ein Tobias zu seinem Gegenspieler ein Schimpfwort sagt, oder dies ein Mustafa tut. Dann heißt es immer wieder: Klar, die können sich nicht benehmen“, sagt Lange. Das gehe in die falsche Richtung. Damit müsse man sensibler umgehen und Beleidigungen nicht immer mit Nationalität oder Religion in Verbindung bringen, plädiert Lange. Er habe in seiner Mannschaft, in der Spieler mit deutscher und ausländischer Herkunft gemischt seien, keine Probleme mit der Disziplin, selbst wenn auch einer seiner Spieler schon einmal wegen einer Beleidigung eine Rote Karte erhalten habe.

Gökhan Güner vom kurdischen Fußballverein BV 85 Azadi sieht seinen Verein fair behandelt: „Ich bin Jahre lang dabei, dass rassistische Äußerungen gegen meine Mannschaft vorgekommen sind, kann ich nicht behaupten, Sport sollte doch nichts mit Politik zu tun haben“, sagt er und betont, dass beim A-Kreisligisten Spieler aus Deutschland, Syrien, Afghanistan und der Türkei friedlich zusammenspielten.

(gh)
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