Laufsport Kopf und Beine bestehen den Test

Essen/Wuppertal · WZ-Redakteur Gordon Binder-Eggert ist seinen ersten Marathon gelaufen und hat alle Hindernisse überwunden. Leicht war das nicht.

 Da war sogar noch ein Lächeln drin. Doch ab Kilometer 28 wurde bei Gordon Binder-Eggert die Beine schwer.

Da war sogar noch ein Lächeln drin. Doch ab Kilometer 28 wurde bei Gordon Binder-Eggert die Beine schwer.

Foto: Christian Siedler

Auf der Zielgeraden reichte es, angepeitscht von den Zuschauern und Veranstaltern, doch noch für einen Sprint samt Sprung über die Ziellinie. Nach 42,195 Kilometern zeigte die Uhr 3:56:13 an. Das oberste Ziel, unter vier Stunden zu bleiben, habe ich somit erreicht, meine Wunschzeit leider nicht. Sie hätte bei 3:45 gelegen. Und nach den ersten beiden von drei Runden, die es am Samstag um den Baldeneysee zu drehen galt, schien dieses Ziel noch erreichbar. Denn nach 28 Kilometern verriet der Blick auf die Uhr 2:31 Stunden. Doch zu diesem Zeitpunkt hatte sich der Kopf längst in das Rennen eingeschaltet.

Vorausgegangen war der Verlust zweier Sportlergels, deren Verzehr ich für die Kilometer 27 und 36 eingeplant hatte. Irgendwie sind sie auf der Strecke aus der Hosentasche gefallen, fortan begleitete mich der Gedanke, wie ich das Rennen ohne diese zusätzliche Energiequelle zu Ende bringen sollte. Erfreulicherweise bot mir eine Mitläuferin aus dem Projekt #DeinersterMarathon ein Fruchtmus aus ihrem reichen Vorrat an, so dass sich hier die Laune wieder etwas aufhellte. Konnte ich mich in den ersten beiden Runden noch mit ihr unterhalten und die Kilometer mit ihr gemeinsam abspulen, musste ich sie in der dritten Runde ziehen lassen. Das Tempo von durchschnittlich 5:20 Minuten pro Kilometer konnte ich einfach nicht bis zum Ende halten - leider.

Niemand mehr in Sicht - die Motivation wird schwer

In der Folge zeigte sich, dass eine Laufbegleitung oder jemand, den man beim Laufen vor Augen hat, leistungsfördernd sein kann. Für mich war nun lange Zeit niemand mehr zu sehen. Und während die Beine immer schwerer wurden, sagte auch der Kopf, dass er eigentlich gar nicht mehr will. Gehpausen waren die Folge. Dann kam eine Radbegleitung von Laufsport Bunert, fragte nach dem Befinden, gab mir Tipps für die letzten zehn Kilometer - nochmal ordentlich Isotone am Verpflegungsstand tanken und Zähne zusammenbeißen. Leichter gesagt als getan. Immerhin gab es an den letzten beiden Verpflegungsständen noch Notfall-Gels. Das machte die Beine zwar nicht leichter, gab dafür aber mental neuen Mut, die Distanz durchzuziehen.

Wer jetzt glaubt, dass bis zum Ende alles glatt lief, liegt daneben. Neben drei Läufern, die eine halbe beziehungsweise eine ganze Stunde nach mir gestartet sind und mich trotzdem überholten, schienen sich Krämpfe im linken Oberschenkel anzukündigen. Hier ein Zwicken, da ein Stich: An das Tempo aus den ersten beiden Runden war nicht mehr zu denken. Im Nachgang frage ich mich, ob ich zu viel gewollt habe und deshalb am Ende einen Leistungsabfall hatte. Ich werde es so schnell wohl nicht herausfinden.

Zufrieden bin ich nach fast 200 Tagen Training trotzdem. Den ersten Marathon in unter vier Stunden zu schaffen, hätte ich Anfang des Jahres nicht für möglich gehalten. Und das Durchschnittstempo von 5:35 Minuten pro Kilometer auf die Marathondistanz liest sich auch nicht so schlecht. Ich glaube, dass mit einer etwas anderen Taktik sogar noch Luft nach oben ist. Dies zu beweisen, wäre beim Berlin Marathon 2021, so er denn stattfindet, möglich. Ausrüster Adidas hat den 25 Teilnehmern des Projekts #deinerstermarathon nämlich einen Freistart versprochen. Als Ausgleich dafür, dass wir in diesem Jahr nicht wie geplant durch das Brandenburger Tor ins Ziel einlaufen durften. Eine schöne Überraschung, die bei allen Läufern einen Jubelschrei auslöste. Immerhin kann jetzt keiner mehr sagen, er wisse nicht genau, worauf er sich eingelassen hat. Es heißt also weiter: Lauf, Junge, lauf!

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