Henning Lambertz: „Peking nur am Fernseher“

Bayer-Trainer Henning Lambertz sucht nach seiner Ausbootung aus dem Olympiateam weiter nach Erklärungen. Die WZ mit Lambertz im Interview:

Wuppertal. Mit Daniela Samulski und Sarah Poewe gehören zwei Schwimmerinnen der SG Bayer dem deutschen Olympiateam an. Doch ihr Heimtrainer Henning Lambertz muss die Spiele am Fernseher verfolgen. Die WZ sprach mit ihm über die überraschende Ausbootung, seinen bevorstehenden Wechsel nach Essen und die Zukunftsperspektiven der Schwimmer des SVBayer Wuppertal nach den Olympischen Spielen.

Herr Lambertz: Haben Sie inzwischen den Schock verdaut, nicht für Peking nominiert zu sein?

Henning Lambertz: Die Enttäuschung sitzt noch immer tief. Zumal ich es mir selbst nicht erklären kann und von Cheftrainer Örjan Madsen auch keine Erklärung erhalten habe, warum ich nicht dem deutschen Trainerstab angehöre. Immerhin gehen zwei aussichtsreiche Schwimmerinnen der SG Bayer in Peking an den Start.

Es hatte sogar schon Anfragen aus anderen Vereinen bei mir gegeben, ihre Schwimmer in Peking zu betreuen. Doch dann gab es eine Besprechung des Deutschen Schwimmverbandes und es wurde eine Folie aufgelegt, auf der mein Name fehlte. Weitere Erklärungen dazu gab es nicht.

Auch der Name von Bundestrainer Manfred Thiesmann stand nicht auf der Liste. Das riecht doch nach Verbandsquerelen und einer Generalabrechnung von Madsen mit seinen Vorgängern. Fühlen Sie sich als Opfer?

Henning Lambertz: Auch darüber kann man nur spekulieren. Es ist kein Geheimnis, dass ich ein gutes Verhältnis zu Thiesmann und dem früheren DSV-Schwimmwart Ralf Beckmann habe.

Wer übernimmt an ihrer Stelle in Peking die individuelle Betreuung von Daniela Samulski und Sarah Poewe ?

Henning Lambertz: Mit Frank Embacher aus Halle haben wir einen Trainer gefunden, der meinem Stil am ähnlichsten ist. Daniela und Sarah waren natürlich sehr enttäuscht. Die Schwimmwettbewerbe werde ich mir im Fernsehen anschauen müssen. Doch über Handy und SMS werde ich für die beiden Schwimmerinnen bei Bedarf ständig erreichbar sein. Ich hoffe, dass ich ihnen zwischen den Wettbewerben einige Tipps geben kann.

Im August endet ihre Zeit als Cheftrainer des SV Bayer und als Bundesstützpunkttrainer in Wuppertal. Wie fällt die Bilanz aus?

Henning Lambertz: Ich werde Daniela Samulski noch bis Ende Juli in Wuppertal auf die Olympischen Spiele vorbereiten. Auch Sarah Poewe reist vor großen Wettkämpfen stets frühzeitig aus Südafrika an, um mit mir noch an ihrer Technik und Taktik sowie an den Wenden zu feilen. Wenn die beiden dann Ende Juli zum Vorbereitungscamp nach Japan abfliegen, endet meine Trainerarbeit in Wuppertal. Im August werde ich mir noch einige Wochen Urlaub gönnen, bevor am 1.September meine Arbeit in Essen beginnt.

Wie fällt die Bilanz Ihrer Wuppertaler Zeit aus?

Henning Lambertz: Das waren elf sehr erfolgreiche Jahre für mich. Ich bin dem Verein sehr dankbar, dass ich auf einem solchen Leistungsniveau mit Schwimmern wie Thomas Rupprath, Antje Buschschulte, Steffen Driesen, Daniela Samulski, Sarah Poewe und vielen anderen arbeiten durfte. In Essen wartet auf mich eine neue, große Herausforderung, denn dort geht es darum, einen Verein wieder nach vorne zu bringen, der schon bessere Zeiten erlebt hat.

Mit dem bevorstehenden Karriereende von Daniela Samulski und ihrem Wechsel steht der SVBayer vor einem großen Umbruch. Muss man sich Sorgen um den Leistungssport Schwimmen in Wuppertal machen?

Henning Lambertz: Die Jahrgangsmeisterschaften in Berlin waren vor einer Woche ein Riesenerfolg für den SV Bayer. Mit elf Goldmedaillen und weiteren erstklassigen Ergebnissen haben wir so gut wie nie in den vergangenen elf Jahren abgeschlossen. Jedenfalls sagt mir das mein Gefühl. Dieser Nachwuchs ist zu stark, um im Breitensport zu enden.

Jungen Athleten wie zum Beispiel Katharina David oder Christian vom Lehn traue ich es zu, dass sie den Sprung ganz nach oben schaffen. Das hängt aber auch jeweils von ihrer persönlichen Entwicklung hat. Ich habe die Hoffnung, dass Nicole Endruschat (Nachwuchstrainerin des SVBayer, d. Red.) die Chance erhält, die erste Mannschaft zu übernehmen. Doch die Entscheidung darüber liegt beim Verein.

Wird sich Wuppertal als Bundesstützpunkt halten können?

Henning Lambertz: Die Rahmenbedingungen sind in Wuppertal mit dem Schwimmleistungszentrum auf jeden Fall gegeben. Nach den Spielen stehen turnusmäßig alle Bundesstützpunkte auf dem Prüfstand. Es ist geplant, die Zahl von bisher 12 auf fünf oder sechs zu reduzieren. ich würde mir wünschen, dass einer in Nordrhein-Westfalen erhalten bleibt. Die Wahl dürfte zwischen Wuppertal, Dortmund und Essen fallen.

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