Für Christ wird ein Kindheitstraum wahr

Sein erstes Oberliga-Tor für den CSC war für den gehörlosen Fußballer ein Riesenerlebnis.

Benjamin Christ hat in 57 Länderspielen für die Deutsche Gehörlosen-Fußball-Nationalmannschaft schon etliche Tore geschossen, in einer Saison in der regulären Kreisliga C sogar mal 83 Treffer erzielt. Das Tor zum 2:1-Erfolg des Cronenberger SC beim DSC 99 am vergangenen Sonntag war für den 29-Jährigen dennoch ein ganz besonderes. „Als ich jung war, habe ich immer davon geträumt, mal in der Oberliga zu spielen und ein Tor zu schießen, damit ist ein Kindheitstraum in Erfüllung gegangen“, beschreibt Christ die Szene, als er mit feiner Technik den Ball ins Netz bugsierte. „Ich stand eigentlich schon zu weit vorne, da war das mit der Hacke ein Reflex“, erklärt er seinen Abschluss. Anschließend sei er erst einmal zu seiner Familie gelaufen, um sich zu bedanken. „Sie haben mich stets unterstützt, ganz egal, in welcher Liga ich gespielt habe.“

Dass die Zeit in Cronenberg für den „resthörigen“ jungen Mann, der ohne Hörgerät, das er beim Sport nicht tragen kann, akustisch praktisch gar nichts wahrnimmt, bisher eine sehr schwere war, da machen er und Trainer Peter Radojewski keinen Hehl daraus. „Man muss sich vorstellen, wie superschwer es ist, sich im Spiel zu orientieren, wenn man nichts hört. Du kriegst ja beispielsweise nicht mit, was sich in deinem Rücken abspielt. Zurufe klappen natürlich auch nicht“, sagt Radojewski, der anfangs viel Geduld mit seinem Zugang haben musste. Der war auf Empfehlung von CSC-Torwarttrainer Dirk „Zimbo“ Zimmermann, der selbst hörgeschädigt ist, an die Cronenberger herangetreten.

„Ich wollte, bevor ich zu alt werde, noch Mal wissen, wie stark ich werden kann und habe Zimbo, gegen den mein Vater früher gespielt hat, angeschrieben, ob er nicht etwas in der Landesliga wisse. ’Du schaffst sogar Oberliga’, hat der geantwortet“, so Christ, der nach den ersten Trainingswochen allerdings nicht mehr so optimistisch war. „Ich war auf hartes Training eingestellt, aber die Intensität hat mich dann doch umgehauen. Nach der ersten Woche bekam ich sofort Muskelverhärtungen, habe außerdem bei jedem Kontakt den Ball verloren, da mussten Mannschaft und Trainer viel Geduld mit mir haben“, erzählt er.

Doch die scheint sich jetzt auszuzahlen. Nach fünf Kurzzeiteinsätzen war es für ihn am Sonntag das erste Spiel von Beginn an. „Das war aus der Not geboren, weil mir die Stürmer ausgegangen sind. Er weiß, wo das Tor steht, und hat das gut gemacht“, sagt Trainer Peter Radojewski, warnt aber davor, jetzt Wunderdinge von seinem Nationalstürmer zu erwarten. Dennoch dürfte er auch morgen gegen Monheim in der Anfangself stehen.

Der Sportler

der Woche

Christ verspricht, dass der CSC für ihn oberste Priorität habe, auch wenn er parallel noch mit dem GTSV Essen in der NRW-Gehörlosenliga spielt. Einen möglichen Klassenerhalt mit den Cronenbergern würde der Lockenkopf deshalb neben dem WM-Titel 2008, Bronze bei den Deaflympics 2009 und dem Aufstieg mit Essen in die Kreisliga B zu seinen größten Erfolgen zählen. Dafür betreibt er einen großen Aufwand, ist an Trainingstagen fast gar nicht zu Hause. Vom Essener Autohaus Lueg, wo er eine Ausbildung zum KFZ-Mechatroniker macht und im dritten Lehrjahr ist, fährt er direkt nach Cronenberg. „Meine Frau unterstützt mich sehr“, sagt Christ. Auf dem Platz hilft ihm Mitspieler Marvin Mühlhause, der ihm im Spiel die Anweisungen des Trainers überbringt. Auch das muss sich einspielen. „Alles kann noch besser werden, da bin ich optimistisch“, sagt Christ bescheiden.

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