Interview Es fehlt an Lehrern und an Qualifikation

Wuppertal · Désirée Richter, die neue Teamleiterin Schulsport im Sportamt, sieht die Probleme im Schulalltag.

 Désirée Richter bringt viel Sportbegeisterung für ihre Aufgabe mit.

Désirée Richter bringt viel Sportbegeisterung für ihre Aufgabe mit.

Foto: Schwartz, Anna (as)

Désirée Richter ist seit dem 1. Februar Teamleiterin im Aufgabengebiet Schulsport beim Sportamt Wuppertal und damit Nachfolgerin von Heiner Koch, der dort seit 2005 Ansprechpartner für die Schulen gewesen war. Wir sprachen mit der ehemaligen Erstliga-Wasserballerin über die Wertigkeit des Schulsports, Lehrermangel und Schülermotivation.

Was sind Ihre Aufgaben als Teamleiterin Schulsport?

Désirée Richter: Hauptaufgabe ist die Ausrichtung des Landessportfestes, das sind die Stadtmeisterschaften der weiterführenden Schule. Das geht dann weiter bis auf Landes- und Bundesebene, wobei ich nicht weiß, wann die Stadt zuletzt Ausrichter eines Landeswettbewerbs war, aber vielleicht passiert das ja irgendwann wieder. Auch Bundesjugendspiele, Feriensport, Grundschulwettkämpfe und spezielle Sportprojekte sind meine Themen.

Wie erinnern Sie sich selbst an Ihren Schulsport?

Richter: Witzig, vor ein paar Wochen habe ich bei unserem privaten Umzug Unterlagen darüber gefunden, dass wir mit dem Carl-Duisberg-Gymnasium Basketballstadtmeister 1998 geworden sind. Ich hatte Sport-Leistungskurs, mich auch bewusst für diese Schule entschieden, weil ich immer schon sportambitioniert war. Das war die richtige Entscheidung, zumal ich vielschichtig aufgestellt war. Ich habe Kunstturnen gemacht, Schwimmen, Wasserball dann lange Jahre in der Bundesliga. Jetzt komme ich durch meinen Mann zum Laufen, bin aber offen auch für andere Sportarten.

Sie waren und sind sehr motiviert für den Sport, ein Problem vieler Sportlehrer ist es aber, alle Schüler motivieren zu können, oder?

Richter: Grundsätzlich glaube ich, dass Kinder sich gerne bewegen. Talente, die sowieso schon motiviert sind, braucht man als Sportlehrer gar nicht zu fördern, das geschieht dann in den Vereinen. Ich glaube, Aufgabe der Sportlehrer ist es, gerade die, die nicht so motiviert sind, dahin zu kriegen, dass sie sich bewegen und dadurch gesund leben.

Wo drückt da an Wuppertals Schulen am meisten der Schuh?

Richter: Ich weiß nicht, ob das Wuppertal spezifisch ist. Es gibt zu wenige Lehrer, dazu zu wenig qualifizierte Lehrer, vor allem in bestimmten Sportarten. Ich glaube Fußball, Handball und Basketball sind noch für alle ein Ding, aber wenn es ans Schwimmen und ans Geräteturnen geht, ist das schon komplizierter. Dass die Lehrer den Kindern alle Sportarten zeigen können, halte ich für eine Utopie, aber sie sollten sie zumindest an gewisse Sportarten heranführen und Möglichkeiten aufzeigen, wo sie die Sportart im Verein betreiben können.

Laut der „Sprint-Studie“ zum Schulsport sind in NRW zwei bis vier Stunden Schulsport in den weiterführenden Schulen vorgesehen, tatsächlich gegeben werden aber im Durchschnitt unter drei. Ist das hier ähnlich?

Richter: Da kenne ich keine genauen Zahlen. Ich habe aber davon gehört, dass aufgrund von Lehrermangel und zum Teil fehlenden Hallen auch hier Sportunterricht ausfällt. Das Sport- und Bäderamt ist natürlich darauf aus, allen Schulen die räumliche Möglichkeit für den Sportunterricht zu geben.

Wie definieren sie selbst ihre Aufgabe?

Richter: Ich tue Gutes, um Kindern interessante Veranstaltungen zu bieten, um sich in bestimmten Sportarten zu beweisen, zu motivieren und Spaß zu haben. Spaß ist für mich das, was ganz oben steht Ich glaube, beim Schulsport geht es in erster Linie darum, den Spaß an der Bewegung zu vermitteln.

Viele Vereine klagen über die langen Schulzeiten durch den Ganztag. Berechtigt?

Richter: Sport muss immer Bestandteil des Schulunterrichts bleiben. Vielleicht kann man das ja dann auch mal auf vier Wochenstunden ausweiten und dazu AGs anbieten.

Diese AGs gibt es an vielen Schulen ja durchaus. Die Studie sagt aber, dass nur 14 Prozent der Schülerinnen und 18 Prozent der Schüler auch daran teilnehmen. Wie kann man das ändern?

Richter: Mann kann nur versuchen, den Sport allgemein attraktiver zu machen, auch für diejenigen, die von vorne herein nicht so sportlich sind. Eher das Niveau herunterschrauben, um deutlich zu machen, es ist auch etwas für Anfänger.

Es gibt in Wuppertal Schulen, die sich sehr um ein sportliches Profil bemühen. Etwa das CDG, die Friedrich-Bayer-Realschule oder das Carl-Fuhlrott-Gymnasium, das regelmäßig bei der Zahl der Stadtmeistertitel vorne liegt. Wie kann man den anderen Schulen helfen, ihren Schulsport attraktiver zu machen.

Richter: Ich weiß nicht, ob da die Stadt helfen kann. In erster Linie liegt es am Personal, beispielsweise daran, ob die Schulleitung sportaffin ist oder nicht. Dann suchen sie sich auch dafür motivierte Lehrer aus. Die Friedrich-Bayer-Realschule ist ein gutes Beispiel. Da kommen Lehrer, die schon in ihrem Privatleben   zeigen, dass sie für den Sport brennen. Die Schulgröße ist  auch wichtig, da können Angebote gebündelt werden. Das ist bei kleinen Schulen   gar nicht machbar.

Gerade in der Grundschule, sagt die Studie, hat die Hälfte der Lehrer, die Sportunterricht geben, dafür gar keine speziell Ausbildung. Wie kann man da helfen?

Richter: Da gibt es über das Land genügend Qualifizierungsangebote. Aber das hilft ja alles nichts, wenn trotzdem Lehrer fehlen. Eine andere Idee ist, dass Übungsleiter im Sportunterricht assistieren, wie das beispielsweise im Rahmen der Wuppertaler Schwimmoffensive geschieht. Das wäre in anderen Sportarten auch denkbar. Das müsste aus jeder Fachschaft heraus organisiert und finanziert werden. Da ist der Schwimmverband Vorreiter.

Am Volkslauf nehmen regelmäßig mehr als 1000 Schüler teil. Der Oberbürgermeister hat bei der diesjährigen Auflage, die zum letzten Mal der LCW organisiert hat, versprochen, dass die Stadt sich darum kümmere, dass der Lauf weiter existiert. Wie sieht es da aus?

Richter: Wir hatten uns auf bestimmte Aussagen verlassen, wo wir gesagt haben, das wird schon so weiterlaufen. Das hat sich leider zerschlagen. Deshalb müssen neue Gespräche geführt werden. Da sind wir jetzt dran. Wenn das nichts fruchtet, muss eventuell der Oberbürgermeister noch einmal eine Instruktion geben. Ich hätte nicht gedacht, dass die Suche nach einem neuen Veranstalter so schwierig ist.

Könnte das eventuell die Stadt auch selbst machen?

Richter: Leider haben wir dafür kein Personal. Dafür braucht man schon locker vier Leute, die den Hut aufhaben. An Helfern mangelt es definitiv nicht, da haben von LCW, LG und anderen Leichtathletikvereinen schon etliche Personen gesagt, dass sie dabei wären. Aber die Organisation und die Logistik müssen gestemmt werden. Da muss man auch Zeit haben. Der Zeitfaktor ist etwas, was bisher dagegensprach, dass jemand gefunden wurde.

(gh)
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