Einzigartig: Sarah Poewe und ihre vierten Olympischen Spiele

Die „Schwimm-Oma“ des SV Bayer wohnt und trainiert seit einem Jahr ganz in Wuppertal. Es war Teil des Plans auf dem Weg nach London.

Wuppertal. Bei der Schwimmeuropameisterschaft in Ungarn verzauberte Sarah Poewe das deutsche Fernsehpublikum mit ihrem vor Glück sprühenden Lächeln, als sie die Normzeit für die Olympischen Spiele erreichte. Anschließend wurde sie sogar Europameisterin über 100 Meter Brust. Nun trainiert die 29-jährige gebürtige Südafrikanerin, die seit zehn Jahren eines der sportlichen Aushängeschilder des SV Bayer Wuppertal ist, wieder im Schwimmleistungszentrum für Olympia. Es werden ihre vierten Spiele sein.

Frau Poewe, konnten Sie überhaupt schon alle Glückwünsche nach der EM beantworten?

Sarah Poewe: Leider nicht, ich habe unglaublich viele Nachrichten aus aller Welt erhalten, von Familie, von Freunden. Ich konnte leider nur eine Message an alle schicken. Mit den Leuten in Wuppertal habe ich teilweise schon persönlich gesprochen. Alle wissen, welche wahnsinnige Bedeutung das für mich hat.

Wie schwer ist es, jetzt gleich wieder voll in den Trainingsalltag einzusteigen?

Poewe: Die EM war ein Schritt auf dem Weg nach Olympia. Mit so viel Erfolg hatte ich aber natürlich nicht gerechnet, auch wenn es das Ziel war, dort die Olympia-Norm zu knacken. Dann noch zweimal Gold und einmal Bronze, das ist ein Knaller. Natürlich möchte ich das etwas genießen und habe auch zwei Tage Pause gemacht. Ich war ein bisschen außer Puste, aber jetzt trainiere ich schon wieder mit dem nächsten Ziel vor Augen.

Es sind Ihre vierten Olympischen Spiele, was bedeutet das für Sie?

Poewe: Das ist natürlich ein Wahnsinn, ich bin, so sagte man mir, die erste Schwimmerin in Deutschland, die das geschafft hat. Selbst habe ich das noch gar nicht so realisiert. Ich glaube, erst wenn ich da bin, wird es für mich wahr sein. Aber diese Vier in meinem Lebenslauf zu haben, hat allein für mich große Bedeutung.

Bei der EM sind sie so schnell geschwommen, wie nie zuvor ohne den inzwischen verbotenen Wunderanzug. Was hat Ihr Schritt, vor einem Jahr ganz nach Wuppertal zu ziehen, damit zu tun?

Poewe: Das bestätigt, dass ich Anfang 2011 die richtige Entscheidung getroffen habe. Ich habe Vertrauen zum Umfeld. Das gilt vor allem für Farshid Shami. Die Trainer-Sportler-Beziehung, die wir aufgebaut haben, ist so eng geworden. Und die Mannschaft hilft auch sehr. In meinem Alter noch einmal eine Bestzeit zu schwimmen, ist etwas, was ich mir seit langem nicht mehr vorgestellt habe.

Welchen Anteil hat Ihr Trainer Farshid Shami am jetzigen Erfolg?

Poewe: Er hat natürlich einen Riesenanteil. Er ist gedanklich halb Athlet, halb Trainer. Wir nennen ihn Coach. Er ist jemand, mit dem man auch reden, mentale Stärke aufbauen kann. Er kümmert sich für uns auch um Dinge außerhalb des Schwimmbeckens.

Wie sind Sie 2002 überhaupt zu SV Bayer gekommen?

Poewe: Der Club wurde mir empfohlen.

Sie haben viele Jahre in den USA studiert und trainiert, sind oft nur für Wettkämpfe nach Wuppertal gekommen. Wie groß war die Umstellung, hier zu leben?

Poewe: Riesig, die letzten eineinhalb Jahre in Amerika habe ich in Los Angeles gelebt und auch etwas gearbeitet, um Geld zu verdienen und dort überhaupt wohnen zu können. Aus dieser Riesenstadt nach Wuppertal zu kommen, war eine große Umstellung. Aber ich bin jetzt auch verwurzelt hier und fühle mich geerdet. Ich lebe ein ganz einfaches Leben im Vergleich zu LA, wo ich ständig nur unterwegs war. Hier kann ich mich viel mehr auf den Sport konzentrieren.

Sie haben im vergangenen Jahr bei der Fürstenhochzeit Ihrer ehemaligen Schwimmkollegin Charlene in Monaco auch ein bisschen Wuppertal repräsentiert, hat das die Bindung zur Stadt noch erhöht?

Poewe: Ja, klar. Ich repräsentiere natürlich die Stadt Wuppertal jetzt überall, wo ich hingehe, mehr als zuvor, weil ich jetzt auch hier wohne, in Sonnborn.

Gibt es einen Lieblingsplatz in der Stadt?

Poewe: Ja, das Luisenviertel, die Straße, die Kirche, da sind sehr schöne Cafés. Ich kann mich wunderbar entspannen, wenn ich da meinen Kaffee trinke.

Können Sie sich vorstellen, auch nach Ihrer Schwimmkarriere in Wuppertal zu bleiben?

Poewe: Ich würde sehr gerne in Deutschland bleiben. Wo, das weiß ich noch nicht. Das hängt davon ab, was für einen Job ich dann bekomme.

Welche Pläne gibt es?

Poewe: Die Konzentration liegt jetzt voll auf Olympia. Was danach kommt, mal gucken. Ein paar Angebote gibt es. Was, will ich noch nicht sagen. Natürlich wäre Olympia ein guter Zeitpunkt, als Schwimmerin abzutreten. Aber offiziell will ich das noch nicht machen.

Was ist drin für London?

Poewe: Ich will eine persönliche Bestzeit schwimmen. (Mit ihrer EM-Zeit von 1:07,33 Minuten ist Sie derzeit 12. der Weltjahresbestenliste, Anmerkung der Red.).

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