Schwimmen Delkeskamp: Von heute auf morgen hieß es, bitte das Land verlassen

Wuppertal · Top-Nachwuchsschwimmer des SV Bayer musste coronabedingt früher von dem Studium in den USA zurückkehren

 Jan Delkeskamp vor dem Schwimmleistungszentrum, wo er als Kaderathlet bereits trainieren darf.

Jan Delkeskamp vor dem Schwimmleistungszentrum, wo er als Kaderathlet bereits trainieren darf.

Foto: Fries, Stefan (fri)

Jan Delkeskamp kennt man eigentlich nur als Sonnyboy. Und so geht der 20-Jährige vom SV Bayer Wuppertal auch mit der Corona-Krise um, die für ihn noch ein paar Veränderungen mehr gebracht hat, als für andere Top-Schwimmer. Praktisch von heute auf morgen musste er Mitte März die USA verlassen, wo er seit Herbst 2019 an der Queens University of Charlotte „Finance und International Politics“ studiert und einer der Team-Captains des Schwimmteams ist.

Eigentlich wollte er nach Abschluss des 2. Semesters erst zu den Deutschen Meisterschaften Ende April nach Deutschland zurückkehren, doch alle Pläne wurden von heute auf morgen über den Haufen geworfen - Studienablauf, Wettkämpfe und das Training, das er seitdem nur noch individuell im athletischen Bereich durchführen konnte, wobei er zu Hause in Wermelskirchen mit den jüngeren Geschwistern Malte und Pia allerdings zwei unverhoffte Trainingspartner hatte.

„Man musste das Beste daraus machen“, sagt Delkeskamp, „und das ist definitiv, dass man sich plötzlich wieder auf die wesentlichen Dinge im Leben konzentriert. Dazu gehöre die Familie, mit der es in den vergangenen zwei Monaten unverhofft wieder ein ganz enges Zusammenleben gegeben habe. Das genießt er. Seit Anfang der Woche gehört Jan Delkeskamp zu den fünf NRW-Kaderathleten des SV Bayer, die in einer Testphase und unter Coronaschutzbedingungen im Schwimmleistungszentrum trainieren dürfen. Daraus wollen Verein und Stadt dann auch Schlüsse auf die notwendigen Konzepte ziehen, wenn ab 30. Mai die Hallenbäder in NRW unter Coronaschutzbedingungen wieder öffnen dürfen.

„Ich bin sehr dankbar für diese Möglichkeit. Auch wenn wir im athletischen Bereich gut gearbeitet haben, merkt man doch, dass das Wassergefühl einfach noch fehlt“, sagt Delkeskamp. Anfangs habe es sich angefühlt, als ob man ein bisschen am Wasser vorbeiziehe, mit Händen und Beinen noch nicht den gewohnten Druck aufbauen konnte. Das pendele sich erst nach und nach wieder ein, genauso wie die Wasserlage, die dafür verantwortlich ist, dass man sich mit möglichst wenig Widerstand durchs Wasser bewegt.

Zwei Monate lang nicht
im Wasser gewesen

Seinen letzten Schwimmbadkontakt hatte Jan Delkeskamp vor mehr als zwei Monaten gehabt, als er mit seinem Collegeteam bei den Nationals, dem Finale der US-Collegemeisterschaften, antrat. Das hatte die Queens University zuletzt fünfmal in Folge gewonnen, und auch diesmal lief der erste Tag für ihn persönlich und das Team glänzend. Doch dann waren die eigentlich fünftägigen Meisterschaften abrupt beendet - eingeholt vom Corona-Virus. „Klar hatte man davon schon etwas gehört, es aber mehr oder minder am Rande wahrgenommen“, so der 20-Jährige. Doch am zweiten Tag waren plötzlich keine Zuschauer mehr zugelassen, und nach dem Vormittagsabschnitt holte Cheftrainer Jeff Dugdale sein Team zusammen und verkündete, dass ihre Universität zurückgezogen habe. Die Meisterschaft wurde noch am gleichen Tag komplett abgebrochen, und noch auf dem Rückflug nach Charlotte erhielten die Studenten die Nachricht, dass das Semester ab dem darauffolgenden Montag nur noch online fortgeführt werde. Gleichzeitig wurden die ausländischen Studenten aufgefordert, bis dahin das Land zu verlassen.

Flug buchen, persönliche Gegenstände einlagern - da war Hals über Kopf viel zu organisieren. „Doch auch da hat sich unser toller Teamzusammenhalt gezeigt. Wir haben einander geholfen“, so Delkeskamp. Nach dem Tipp eines Mitstudenten habe er noch einen relativ günstigen Last-Minute Flug nach London erwischt, erreichte von dort über Düsseldorf am Montag die Heimat. Gerade rechtzeitig! Am Dienstag gab das Auswärtige Amt Reisewarnungen heraus. Schon bei seinen Flügen hatte sich Delkeskamp gewundert, dass viele Plätze frei geblieben seien, obwohl die Flugzeuge als ausgebucht galten.

Studium lief online ohne
Verzögerung weiter

Gewundert, und zwar im positiven Sinne, hat sich der Deutsche auch darüber, dass das Studium online nach einer Woche mit den regulären Vorlesungen wieder komplett lief und auch die Prüfungen wie geplant stattfinden konnten. „Am 1. Mai hatten wir alle unsere Noten, genauso wie in Vor-Corona-Zeiten.“ Da habe sich ausgezahlt, dass man an der Uni in puncto online bestens vorbereitet gewesen sei. Nach jetzigem Stand will Delkeskamp im August in die Staaten zurückkehren, um dann hoffentlich ganz regulär ins dritte Semester einzusteigen.

Bis dahin will er weiter hart trainieren, denn neben den Collegewettkämpfen könnten gegen Ende des Jahres auch in Deutschland wieder Schwimmwettkämpfe stattfinden. Derzeit wird laut Simone Osygus, Geschäftsführerin Schwimmen des SV Bayer, darüber diskutiert die Deutsche Meisterschaft auf der Langbahn in den Oktober zu verlegen. Und auch die NRW-Titelkämpfe sollten spät im Jahr nachgeholt werden. Ob Jan Delkeskamp dafür aus den Staaten zurückkehren würde, kann er jetzt noch nicht sagen. In diesem verrückten Jahr scheint aber alles möglich. An seinem Ziel, mal international für Deutschland zu schwimmen, hat sich für den Lagen- und Brustspezialisten nichts geändert.

(gh)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort