Leben wie eine Dorfgemeinschaft

Im Haus der Baugruppe Malerstraße 20 leben Menschen von zwei bis 70 unter einem Dach. Die Bewohner sind begeistert.

Leben wie eine Dorfgemeinschaft
Foto: Andreas Fischer

Wuppertal. „Alt und Jung unter einem Dach, das geht nicht gut“ ist eine Volksweisheit, die von der Baugruppe Malerstraße 20 widerlegt wird. In der Elberfelder Nordstadt wohnen nämlich seit September 2014 20 Parteien in 25 Wohnungen generationsübergreifend zusammen — ähnlich wie in einer Dorfgemeinschaft. Dass in einem Haus der Jüngste (Rudi) zwei und der Älteste (Stefan Brühne) knapp 70 Jahre alt ist, hat natürlich noch keinen Seltenheits-Charakter. Doch wie es dazu gekommen ist, ist schon eher ungewöhnlich.

Die Baugruppe besteht nämlich aus Eigentümern, die nach einer Idee der Architektin Anja Schacht das fünfgeschossige Haus 2011 geplant und als Bauherren in einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts gemeinsam verwirklicht haben — ohne Bauträger und daher erheblich günstiger.

Anne Marioth ist im September 2014 mit ihrem Ehemann Reinhard Immergut und ihren vier Kindern in eine 155 Quadratmeter große Wohnung gezogen und begeistert sich nach wie vor für das Projekt. „Wir haben anfangs nur hier in der Nordstadt eine größere Wohnung gesucht und durch Mundpropaganda von dieser Idee gehört. Die soziale Komponente mit großen gemeinsamen Flächen, die Barrierefreiheit, der Klimaschutz, Dämmung, Energie-Effizienz, all das hat uns überzeugt und zum Mitmachen bewegt“, erinnert sie sich.

Im Anfangsstadium ging es unter anderem noch um die Verteilung der Wohnflächen von 50 bis 155 Quadratmetern. Mit einem Hubwagen haben sich die Interessenten auf die verschiedenen Sichtebenen bringen lassen und überlegt, welcher Ausblick ihnen am genehmsten ist. „Wir haben viel diskutiert, und mancher ist im Geiste drei- bis viermal umgezogen. Aber wir haben dann Kompromisse gefunden, bei denen sich niemand benachteiligt fühlte.“

Sicher kein Projekt für Eigenbrötler, sondern eines, in dem die Bewohner aufeinander zugehen, sich zuwinken und einander zuprosten, wenn sie abends vor der Wohnung sitzen und auch hinunter in den allmählich entstehenden Garten mit Sandkasten schauen. Dass die Hausverwaltung in Eigenregie geschieht, versteht sich angesichts des herrschenden Gemeinsinns schon fast von selbst.

Auf den Dachterrassen mit herrlichem Blick über Wuppertal werden ebenso Feste gefeiert wie im Gemeinschaftsraum im Parterre. Dieser ist mit Parkettboden, Sesseln und Stühlen wohnlich eingerichtet und hat natürlich auch eine Leinwand, auf der Filme oder Fußball gezeigt werden.

Mit dem kürzlich gegründeten Verein „KomMal“ möchten die „Malersträßler“ auch ein Kommunikationsangebot an die Bewohner im Quartier richten. „Hier wohnen Menschen jeden Alters, und wenn wir uns mit den älteren Nachbarn unterhalten und sehen, wie fröhlich die am Gemeinschaftsleben teilnehmen, dann hat man plötzlich selbst auch keine Angst mehr vor dem Älterwerden“, meint Anne Marioth. Abraham Roelofsen (66) bestätigt: „Alle Wünsche, die wir mit dem Einzug hier verbunden haben, sind in Erfüllung gegangen.“ Das sieht auch der „Alterspräsident“ Stefan Brühne so. Der ehemalige Grafiker und Fotograf hat den Gemeinschaftsraums mit Fotos ausgestattet und schwärmt: „Hier zu wohnen, hat unsere Lebensqualität erheblich verbessert.“

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