Land macht ernst: Stadt entmachtet

Haushalt: Die Stadt darf nicht mehr ausbilden, einstellen oder befördern. Die Kommunalaufsicht nimmt der Verwaltung per Verfügung die letzten Handlungsspielräume.

Wuppertal. Was Kämmerer Johannes Slawig (CDU) dem Finanzausschuss vorlegen musste, kam zugespitzt der eigenen Entmachtung gleich. Eine Liste des Grauens, verschickt von der Kommunalaufsicht beim Regierungspräsidenten als Reaktion auf die desolate Haushaltssituation der Stadt.

Die Verfügung kassiert per Dekret auch noch die letzten kommunalen Handlungsspielräume: “ Eigenmittel der Stadt bei sozialen Stadterneuerungsprojekten dürfen nicht mehr ausgeschüttet werden. Damit sind die meisten Programme in den Stadtteilen nicht mehr umzusetzen. “ Ausbilden darf die Stadt ab 2010 nur noch, wenn dies für die Absolvierung von Pflichtaufgaben nötig ist. Dadurch reduziert sich die Zahl bei einem der größten Ausbilder in Wuppertal erheblich.

“ Externe Einstellungen und Stellenbesetzungen sind nur noch mit ausdrücklicher Genehmigung der Bezirksregierung erlaubt. Zwar gilt in Wuppertal längst eine Stellenbesetzungssperre. Über notwendige Ausnahmen konnte aber bisher der Kämmerer entscheiden.

“ Ähnlich düster sieht es bei Beförderungen aus. Die sind innerhalb der Verwaltung künftig nahezu ausgeschlossen.

Rat und Verwaltung haben damit schriftlich, was auf der politischen Ebene angesichts der drohenden Zahlungsunfähigkeit Wuppertals schon vor Monaten angekündigt worden war. Wuppertal ist auch nicht die erste Stadt, die sich mit den entsprechenden Verfügungen herumschlagen muss. Ähnlich erging es schon Duisburg, Hagen und Oberhausen.

Dennoch erreichen laut Slawig die Restriktionen mit dem Schreiben eine neue Qualität. "Der Druck nimmt zu, aber das letzte Wort ist dazu noch lange nicht gesprochen", droht der Kämmerer.

Gesprochen beziehungsweise verhandelt wird noch auf politischer Ebene - zwischen Rathausspitze und Innenministerium. Faktisch aber bleibt Slawig nichts anderes übrig, als sich der Verfügung zu beugen. Mit verheerenden Folgen, zum Beispiel bei der Ausbildung. 55 Ausbildungsplätze hat die Stadt im laufenden Jahr zu besetzten. Das Spektrum reicht von gewerblich-technischen Bereichen bis zu Verwaltungsberufen.

Angesichts der Haushaltslage ist Slawig bei der Beantragung für 2010 schon auf 40 Ausbildungsplätze runtergegangen. Nach der Verfügung der Kommunalaufsicht schätzt Slawig, dass vielleicht nicht einmal die Hälfte genehmigt werden. Für den Kämmerer ein ganz schlimmes Signal: "Es darf doch nicht sein, dass strukturschwache Kommunen nicht mehr ausbilden dürfen."

Slawig muss außerdem befürchten, dass ihm die Leistungsträger von der Fahne gehen und in Städte abwandern, die noch befördern dürfen. Dazu gehört etwa Düsseldorf. Was das langfristig bei Einrichtungen wie der Feuerwehr für Konsequenzen haben könnte, mag sich der städtische Personalchef erst gar nicht ausmalen.

Duisburg und Hagen liegen bereits in heftigem Streit mit der jeweiligen Kommunalaufsicht. Und auch zwischen Düsseldorf und Wuppertal dürfte sich der Ton noch einmal verschärfen. Schon jetzt kämpft die Initiative "Wuppertal wehrt sich" mit Unterstützung der Stadt für den Erhalt der sozialen Stadtteilprojekte. Bisher aber konnten nur bescheidene Ausnahmeregelungen ausgehandelt werden. Der Regierungspräsident argumentiert mit dem Millionen-Sparpaket, das Slawig in Düsseldorf vorlegen muss. Das soll, wie berichtet, aber erst im November vorgestellt werden.

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