Zwölf Städte – eine Show: Patrick Stanke rockt das Land

Der Wuppertaler Musical-Star ist auf Tour. Zum Auftakt sang er in Hamburg.

Wuppertal. Damals, als er als Neuling im TiC-Theater zum ersten Mal auf der Bühne stand, hätte er es sich sicherlich in den kühnsten Träumen nicht auszumalen gewagt: Hätte Patrick Stanke gesagt, dass er einmal zu einem Team gehören wird, das 140000 Karten verkauft, noch bevor das erste Lied angestimmt wurde, wäre das auf der kleinen Kult-Bühne in Cronenberg eine riesengroße Angeber-Ansage gewesen. Damals.

Heute sprechen die Tatsachen für sich. Denn die Realität sieht so aus: Es ist Samstagabend, kurz vor 20 Uhr. 8000 Musical-Fans warten in der Color Line Arena in Hamburg darauf, dass acht Solisten das ausverkaufte Haus zum Kochen bringen. Stanke ist einer der Star-Köche, die gleich eine 40-fache Hit-Dosis zu einem leicht bekömmlichen Menü mischen, fröhlich Musical-Häppchen verteilen und ihre hungrigen Gäste schnell vergessen lassen, dass sie nicht in einem stilvollen Theater, sondern einer eigentlich nüchternen Halle sind.

Und dann kommen sie - nicht in schnörkellosen weißen Kochschürzen, sondern in phantasievollen schwarz-weißen Kostümen. Mit Ausschnitten aus dem "Pippin"-Musical stellen sich die Solisten vor. Das Publikum fordert lauthals mehr, wird aber schnell wieder leise - wenn Stanke ein gefühlvolles "Maria" schmettert ("West Side Story").

Der Langerfelder kann aber auch ganz anders. Dann rockt er, wird zur Frau oder zum Nonnen-Beistand: "Buddy Holly"-Songs singt der 30-Jährige mit Leidenschaft und Routine. Die Rolle als Mutter Edna ("Hairspray") ist hingegen neu für ihn - Stanke meistert sie mit betont tiefer Stimme und einem Augenzwinkern, das bestens ankommt. Auch "Sister Act" erleben die Gäste als himmlisches Vergnügen.

Wer jetzt noch Zweifel hat, muss sie über Bord werfen: Stanke ist einer der Wandelbarsten unter den Solisten. Auch wenn die Reise durch 15 Musicals einen Nachteil hat: Die Häppchen machen Appetit und werben für die großen Produktionen an den festen Standorten. Kaum sind die Sänger in Fahrt, gehen sie deshalb auch schon zum nächsten Musical über. Stanke würde man vor allem gerne länger rocken sehen, denn bei "Buddy Holly" ist er ganz in seinem Element - wie auch beim großen Finale.

Dass er einmal Udo Lindenberg, den Überraschungsgast der Samstag-Premiere, am Klavier begleiten wird, hätte er vor Jahren vermutlich auch nicht gedacht. Der 63-Jährige ist ein ganz besonderer Bühnenpartner: "eine lebende Legende und ein ungezähmter Panther", wie Stanke nach der Show sagen wird.

Eine halbe Stunde vor Beginn hatte das Ensemble eine kurze Probe mit Lindenberg. Mit spitzem Mund und Nuschelton, so Stanke, habe er gesagt: "Hey Patrick, mein Freund. Heute rocken wir die Bude, alles klar?"

Als es ernst wird, ist aber alles anders als besprochen: Der Panik-Rocker kommt auf die Bühne, Stanke setzt sich an den Flügel und spielt das Intro - doch Lindenberg beginnt erst einmal zu plaudern. Stanke reagiert prompt: Er untermalt die Erzählung am Klavier und behält Lindenberg im Blick - für den Fall, dass er endlich singen will. "Nach gefühlten zehn Minuten tat er es", sagt Stanke später mit einem Lachen. "Ich liebe seine schräge Art." Kurz vor 23 Uhr ist er verschwitzt, aber glücklich. Denn der Wuppertaler lebt seinen Traum - ab heute in Hannover.

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