Kultur im Netz Gute Architektur gewährt diskret den Kunstwerken den Auftritt

Mit der Veranstaltung ging die Von der Heydt-Museums-Reihe „possible to imagine“ am Mittwoch in die letzte Runde.

 Das Von der Heydt-Museum war Gastgeber der digitalen Gesprächsreihe „Possible to imagine“.

Das Von der Heydt-Museum war Gastgeber der digitalen Gesprächsreihe „Possible to imagine“.

Foto: dpa/Caroline Seidel

Es geht um die Freiheit, keinen Rahmen für Kunst zu haben: „No Display“ nannte Wilfried Kühn von Kuehn Malvezzi Architetcs aus Berlin seinen Vortrag. Mit der Veranstaltung ging die Von der Heydt-Museums-Reihe „possible to imagine“ am Mittwoch in die letzte Runde. Auf den Ausstellungsraum als solchen ging Kühn ein und nahm Bezug zum „White Cube“, dem vermeintlich neutralen Raum, in dem Kunst gezeigt wird – vermeintlich, denn Farbe könne manipulieren. Die Architektur tritt durch die Reduktion der Farbe Weiß hinter die Kunst zurück. „Ein gutes Display ist jenes, das sie spüren, aber nicht sehen. Sie sehen die Arbeit, das Kunstwerk, die Struktur, die Malerei.“ Gute Architektur mache das möglich, ohne dass man sie wahrnehme. Diskret werde den Werken ihr Auftritt geben.

Ein gänzlich anderer Ansatz als der von Christoph Grunenberg, Direktor der Kunsthalle Bremen, der sich beim letzten Gespräch weg vom White Cube hin zur farbigen Raumgestaltung bewegt hatte – bei der Bilder sich mit den Farben arrangieren oder gegen sie arbeiten müssen. „Farbe ist möglich und interessant, kann aber auch zu viel sein“, nahm Kühn Bezug.

Mithilfe einer Bilderstrecke, etwa mit Ausstellungen von leeren Räumen, veranschaulichte er sein Konzept. Als Beispiel diente auch die Binding-Brauerei, die zur Documenta 11 mit einzelnen, weißen Parzellen unterschiedlichen Positionen Raum bot und so dem „White Cube“ die Sachlichkeit nahm. In Saarbrücken habe man eine Außenfassade als Display genutzt, allerdings so, dass die Fassade von der Kunst bedeckt wurde. Zur Architekturbiennale 2012 konzipierten die Architekten Kühn Malvezzi eine „unsichtbare Architektur“, eine Art Sockel vor dem Pavillon, der nicht als Exponat erkannt wurde. Besucher nutzten ihn als Sitzgelegenheit.

Architektur wolle nicht hindern. Absperrgitter beziehungsweise Distanzhalter jeglicher Art könnten ebenfalls abweisende Displays sein. In der Düsseldorfer Ausstellung „Eine Reproduktion des kapitalistischen Realismus“ wurden deshalb Arbeiten auf den Boden gestellt. „Das können nur Künstler machen, Kuratoren in der Regel nicht, außer man macht es mit Kopien“, verwies er auf die konservatorische Seite der Kunst.

Architekt Wilfried aus Berlin favorisiert den „White Cube“

„Der White Cube‘ ist vor allem ein Raum, der in der Produktion beginnt, also im Atelier“, erklärte er und verwies auf Dieter Roth, der mit seiner „Gartenskulptur“ das Atelier ins Museum brachte. Diese setzte sich aus verschiedenen Materialien, Pflanzen, Elektrogeräten, Materialien und Utensilien zusammen.

„Das Museum bildet den Kontext, die räumliche Umgebung, um Kunst wahrzunehmen oder Kunst zu machen“, ergänzte Von der Heydt-Museumsdirektor Roland Mönig nahe. Die Aufgabe eines Architekten werde in den meisten Museen unterschätzt. Schöne Foyers, große Treppenläufe, gekurvte Fassaden seien die Aspekte, über die gesprochen werde, über die eigentliche Funktion nicht. Dabei ist es möglich, dass Treppen und Korridore in eine Ausstellung integriert werden. „Aber dann müssen sie annehmbar und nicht selbstbezüglich sein“, sagte er und ergänzte: „Es gibt keine nebensächlichen Räume, jeder Raum, auch der Gang, kann Ausstellungsraum sein“, sagte er.

Entsprechend befragt Mönig das Von der Heydt-Museum: „Wie bringt man die Fülle eines Hauses zur Geltung? Wie geht man mit dieser Fülle um? Die ist hier im Haus ganz enorm, die Sammlung ist auf internationalem Niveau, da würde ich gerne räumliche Möglichkeiten suchen, um das erfahrbar zu machen.“

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