Meisterwerke Suggestiver Farbklang macht die Seele sichtbar

Alexej von Jawlensky gelingt es mit „Schwarze Augen“, durch den Blick die Emotionen des Mädchens offenzulegen.

Alexej von Jawlenskys „Die schwarzen Augen“ stellen kein Porträt als Abbild der Realität dar.

Alexej von Jawlenskys „Die schwarzen Augen“ stellen kein Porträt als Abbild der Realität dar.

Foto: von der Heydt - Museum Wuppertal/Von der Heydt Museum

Der Blick der tiefgründigen schwarzen Augen fesselt sofort. Noch sind die individuellen Züge des Modells sichtbar, wie etwa die Stupsnase, der volle Mund, die Frisur und die ausdrucksstarken Augen. Dennoch malte Alexej von Jawlensky (1864-1941) hier kein Porträt als Abbild der Realität. Vielmehr gelingt es dem deutsch-russischen Künstler, durch den Blick die Emotionen des Mädchens offenzulegen. Der suggestive Farbklang und die Komposition nach eigenen formalen Gesetzen dienen dazu, die „Seele“ sichtbar zu machen, typisch für den Expressionismus jener Zeit.

Zwei Jahre vor Jawlenskys Flucht aus Deutschland in die Schweiz entstanden, gehören die „Schwarzen Augen“ noch in die Phase, von der der Künstler sagte, er habe gewaltige figurale Bilder und Köpfe gemalt. 1912 trennten sich Alexej von Jawlensky und Marianne von Werefkin von der „Neuen Künstlervereinigung München“, die sie 1909 mit Adolf Erbslöh, Wassily Kandinsky und Franz Marc gegründet hatten. Zu jener Zeit setzten in Jawlenskys Schaffen eine weitgehende Reduktion in den formalen bildnerischen Mitteln und eine Konzentration auf das Thema des menschlichen Kopfes ein. Das Bild „Die schwarzen Augen“ markiert eine charakteristische Stufe dieser Entwicklung, die vom Brustbild zu der auf den Kopf konzentrierten Darstellung, von einer Direktheit im Ausdruck zu einer tieferen rätselhaften Ausstrahlung, führte.

Jawlensky hat die runden Formen des Gesichts, der Haare und des Halsausschnitts mit breiten, dunklen Konturen im Dreiviertelprofil hervorgehoben. Aus seiner auf die Grund- und Komplementärfarben reduzierten Palette verwendete er ein intensives Blau, daneben Rot, Gelb und Grün, einschließlich des für ihn typischen Violetts. Das Mädchen ist vereinfacht dargestellt. Die Körperformen werden aus geometrischen Flächen gebildet, die wiederum von kräftigen schwarzen Linien umgrenzt sind. Die Gestalt ist mit dem Hintergrund eng verbunden. In dem Schwarz der Konturen und dem Blau-Schwarz der Haare kehren die Farben des Grundes wieder. Selbst das angedeutete Kleid, in hellem Blau gemalt, scheint mit der Umgebung zu verschmelzen. So bilden Haare, Kleid und Hintergrund einen dunklen Rahmen, aus dem das farbige, hell leuchtende  Gesicht hervorstrahlt.

In Stilisierung, motivischer Vereinfachung und formaler Konzentration weisen „Die schwarzen Augen“ auf die seit 1917 entstehenden, mystischen Köpfe Jawlenskys hin, die er immer weiter abstrahierte. Diese späten,  kleinformatigen „Meditationen“ nehmen durch ihre Komposition aus horizontalen und vertikalen Formen auch das Kreuzmotiv auf und schöpfen damit aus den Vorbildern religiöser Andachtsbilder aus Jawlenskys russisch-orthodoxen Heimat. Sie selbst werden zu modernen Ikonen.

Eduard Freiherr von der Heydt schenkte das Bild 1954 unserem Museum. Es gehört zu den Höhepunkten unserer neuen Sammlungspräsentation „An die Schönheit – Stars der Sammlung“.

»Das Museum wird am 19. Mai schrittweise wieder eröffnet. Die Besucherzahl ist begrenzt, es gelten die aktuellen Hygienevorschriften. Außerdem gibt es bis auf weiteres neue Öffnungszeiten: Dienstag bis Freitag, 14 bis 18 Uhr, Donnerstag, 14 bis 20 Uhr, Samstag, Sonntag und Feiertag, 11 bis 18 Uhr.

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