Wuppertaler Sinfoniker unterstreichen ihre Qualität

Die städtischen Musiker spielten gestern unter David Geringas.

Wuppertal. Auch im neunten Sinfoniekonzert legten sich die Wuppertaler Sinfoniker gestern im großen Stadthallen-Saal mächtig ins Zeug — gerade so, als wollten sie in Zeiten von Fusions-, Finanz- und Qualitätsdiskussion beweisen, dass sie nicht nur unter Toshiyuki Kamioka, sondern immer und unter jedem Dirigenten gut seien. Dabei hatte Gastdirigent David Geringas ein durchaus kontrastreiches Programm aufgelegt.

Mit Neuer Musik des Litauen Anatolijus Senderovas „Post scriptum — Der Traum stirbt zuletzt, nicht wahr?“ von 2009 überzeugt das Streichorchester gleich am Anfang in hohem Maße. Wie aus dem Nichts und unendlich verzögert entwickelt sich das Schubert’sche Ave Maria-Thema schwebend. Die Celli brechen ein, Windsausen und metallisches Zittern bilden Cluster (Klangballungen, Tontrauben), die sich oft von hinten her aufbauen.

Im Duo klagen Solo-Violine und Viola und in der sanften Leitmelodie entflieht die Seele. Geringas schlägt mit der Linken und modelliert mit der Rechten die Dynamik — ungewohnt für die städtischen Musiker, doch sie folgen unbeirrt.

In Joseph Haydns Konzert für Violoncello und Orchester Nr. 1 C-Dur obliegt Geringas neben der Leitung auch der Solo-Part. So hat man das schöne Haydn-Konzert lange nicht gehört: Mit durchaus energischem, raschem und manchmal aggressivem Strich meistert er den mit wahnwitzigen Läufen gespickten Cello-Part, gibt dem hinter ihm sitzenden Orchester Einsätze mit dem Bogen oder mit einem Kopfnicken und erreicht doch die größte Übereinstimmung und ein gemeinsames Atmen in der Musik.

Das ist großartig — auch das kantable Adagio mit feiner dynamischer Gewichtung klingt bezaubernd, wenn das Cello seine Melodien mit großer Ruhe und Intensität singt oder im Finalsatz seine träumerisch-fantasierende Kadenz spielt.

Auch die Solo-Zugabe, ein Fragment aus dem Buch für Cello-Solo-Werke des Letten Peteris Vasks, nimmt gefangen: Mit permanenten Doppelgriff-Figuren gespickt, große Tonräume durchschreitend, auf leeren Saiten meditierend und zum Spiel in tiefer Lage mit hoher Stimme singend, zeigt es abermals Geringas Meisterschaft auf seinem Instrument.

Auch als Dirigent formt er Eigenes: In Tschaikowskys vierter f-Moll-Sinfonie entwickelt er einen harschen, oft schroffen Klang, der in seiner Urwüchsigkeit gefangen nimmt. Das „Andantino“ mit liedhaftem Thema gerät bei ihm an keiner Stelle süßlich und im Scherzo (Pizzicato ostinato) verwandeln sich die Streicher in ein leichtfüßiges Zupforchester. Lärmend und virtuos eilt der letzte Satz „con fuoco“ (mit Feuer) seinem markanten Schluss zu. Langer Applaus und Bravo-Rufe gibt es für das Orchester sowie den Dirigenten und Solisten David Geringas in Personalunion, der sich seinerseits überschwänglich bei den Musikern bedankt.

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