Kultur : Jürgen Grölle hat seine Nische gefunden
Zum zehnjährigen Bestehen zeigt die Galerie abstrakte Malerei und Installationen.
„Wildwechsel“, so lautete vor zehn Jahren der erste Ausstellungstitel der damals von Jürgen Grölle neu eröffneten Galerie an der Friedrich-Ebert-Straße 143e. Das war am 25. September 2010. Zur Ausstellung zum zehnjährigen Bestehen präsentiert Grölle pass:projects vom 5. September (Vernissage um 19 Uhr) bis 17. Oktober abstrakte Malerei der Kölnerin Britta Bogers und Installationen sowie Keramiken von Gereon Krebber, der den Orientierungs-Bereich an der Düsseldorfer Kunstakademie leitet.
Der Kunst und Musik ist Grölle seit jeher verbunden, seien es Erfahrungen mit Events während des Studiums im Fachbereich Kommunikationsdesign am Haspel, als er erste Ausstellungen organisierte oder Anfang der 1980er Jahre, als er seinen ersten Kunstraum gründete: „1983 gab es in Wuppertal viele Independent-Galerien wie Appendix oder Sirene“, erinnert sich der Galerist an die damalige Wuppertaler Kunstszenen-Landschaft.
Dann zog es ihn nach Wien, wo er mit Christiane Voss und der Clique in einem Pferdestall die Kunstfestival-Performance „Gangart“ inszenierte. Auch hier habe er gemerkt, dass ihm das Organisieren Spaß mache. Auch die Musik in der Gruppe habe ihn sein ganzes Leben lang begleitet: „Einerseits fühlte ich mich im Kollektiv wohl, andererseits wollte ich Maler sein“, beschreibt er seinen individuellen Spagat. Erinnerungen an eine Modenschau in einer Autowerkstatt mit Holger Bär, wo man alle Kreativen der Stadt gebündelt habe, und angetriggert durch „Gangart“, haben 1985 rund 800 Leute beim Event teilgenommen.
2009 stellte sich die Frage: Pinsel auspacken oder Kunst organisieren?
„Tschernobyl war der nächste Einschnitt. Dirk Thiele, Ulrich Halstenbach und ich überlegten, was Künstler damit machen.“ Es folgten die postnuklearen Aktionstage an der Hofaue, erneut mit Holger Bär als Partner, die für ihn die „organisatorische Meisterprüfung“ gewesen seien. Die Gentrifizierung habe dort ihre Anfänge genommen: „Der gesamte Komplex auf vier Etagen war ein riesiges Event, eine Art Mini-Woodstock, das wir mit Hilfe vieler Freunde hinbekommen haben. Lüppertz, Penk und zahlreiche andere Künstler wollten damals dabei sein“, so Grölle.
Danach sei er mit seiner Malerei und einem Stipendium in den USA, wo er auch eine Galerie betrieb, sehr erfolgreich gewesen, bis er sich die Frage stellte: Was hat Kunst mit der Gesellschaft zu tun? Schöpfungswille – was hat das mit Natur und Leben zu tun? Er habe sich im Karrieremodus vom Wesentlichen entfernt, beschreibt er nachdenklich. Er fühlte sich durch die Industrialisierung des Kunstmarktes aus seinem Leben gedrängt. 2002 habe ihm ein Freund geraten, aufzuhören, darüber nachzudenken – Kunst sei ein Business-case. Bei seiner Arbeit mit arbeitslosen Jugendlichen habe er gespürt, wie er intuitiv kreativ auf Menschen einzugehen vermag, mit Sinn und Leben, aus einer unglaublichen Freiheit heraus.