Musik und ziviler Ungehorsam : Ulrich Klans Werk „Seid Sand“ wird auf der Berliner Stadtautobahn aufgeführt
Die Kantate für Orchester und Chor des Wuppertaler Komponisten war ursprünglich als Beitrag zum Engels-Jubiläumsjahr geplant.
Dieses musikalische Werk hat mehrere Vorgeschichten. Eine hat mit dem Autor des Textes zu tun, die andere mit dem Komponisten, der die Worte gleich zweimal vertont hat. Sodass „Der Sand“, die letzte Strophe aus dem Hörspiel „Träume“ von Günter Eich, zu einer Art Lebensprojekt für Ulrich Klan, den Musiker und Komponisten aus Wuppertal, wurde. Eichs Sand im Getriebe rieselte zeitweise in Klans Projekt, sodass es heftig knirschte. Das begann als erfolgreiches Kammerstück und wuchs zu einer großen Kantate für Orchester, Chor und Sprecher, deren Uraufführung in Wuppertal versandete. Nun, Anfang August, wird sie in Berlin nachgeholt. Als Teil der diesjährigen Lebenslaute-Sommeraktion „Konzerte für die Verkehrswende“.
Professor Hartmut Klug war Ulrich Klans Mentor an der Universität in Wuppertal. Er erkannte als Erster, „dass ich komponieren kann, noch vor mir“, erinnert der 69-Jährige heute. Er gab seinem Musikstudenten Eichs Gedicht mit der Aufforderung, „Komponiere das!“, in die Hand. Was dieser tat und, ausgehend vom Sprachrhythmus des „Jahrhunderttextes (siehe Kasten), ein Stück für Kammerbesetzung schuf mit bis zu zehn Musikern und einem bis zu 15 Stimmen umfassenden Sprechchor.
Die erste Komposition war für eine Kammerbesetzung ausgelegt
Das Stück erlebte viele Aufführungen, unter anderem 1988 in der Wuppertaler Börse. Oder im Rathaus Bielefeld, wo es 1998 Teil einer musikalischen Besetzung durch „Lebenslaute“ war. „Damals wurden auch Leinensandsäckchen mit dem Gedichttext in den Amtsstuben der Ausländerbehörde verteilt“, erzählt Klan. Er betont, dass die Protestform des Netzwerks „Lebenslaute“ allseits gut ankomme. Wenn Musikerinnen und Musiker sich – angeregt durch die gewaltfreien Sitzblockaden vor dem Pershing-II-Raketenlager in Mutlangen – „zu schöner Musik ganz schön in den Weg stellen“, hält die Polizei in der Nacht schon mal die Stirnlampe übers Notenpapier.