„Wer Kultur haben möchte, muss sich dafür engagieren“

WZ-Interview: Als neuer Chef des Kunst- und Museumsvereins steht Joachim Schmidt-Hermesdorf vor veränderten Herausforderungen.

Herr Schmidt-Hermesdorf, als neuer Vorsitzender des Kunst- und Museumsvereins vertreten Sie 1250 Mitglieder. Mit welchen Zielen treten Sie ihr neues Amt an?

JoachimSchmidt-Hermesdorf: Die Aufgaben des Vereins haben sich erheblich verändert. Das hängt mit der Kassenlage der Stadt zusammen. Wir entwickeln uns immer mehr zum gemeinnützigen Wirtschaftsbetrieb. Ziel ist, mit dafür zu sorgen, dass das Von der Heydt-Museum erstklassig bleibt, und ihm eine entsprechende Plattform zu geben, die die Stadt nicht mehr wie früher bieten kann, weil sie kein Geld hat.

Schmidt-Hermesdorf: Wir können das nur leisten, indem wir private Gelder einwerben und für das Museum einsetzen.

Schmidt-Hermesdorf: Der Etat für dieses Jahr umfasst mehr als eine Million Euro. Die Museumsleitung stellt den Etat zusammen mit dem KMV auf.

Schmidt-Hermesdorf: Hauptsächlich aus Mitteln der Brennscheidt-Stiftung, der Jackstädt-Stiftung und der Stadtsparkasse. Zum Glück unterstützen auch viele Unternehmen das Museum. Der KMV-Museums-Shop mit seinen mehr als 60 ehrenamtlichen Wuppertalerinnen trägt auch dazu bei.

Schmidt-Hermesdorf: Ohne private Initiative wären Wechselausstellungen nicht möglich. Konkret gesagt: Ohne die Brennscheidt-Stiftung gäbe es die Wechselausstellungen nicht.

Schmidt-Hermesdorf: Wenn wir 100.000 Besucher anlocken könnten und das kostendeckend hinbekämen, wäre das ein sensationeller Erfolg. Darauf könnte man aufbauen und dann auch wieder anderes wagen.

Schmidt-Hermesdorf: Das Museum muss mehr bieten als populäre Ausstellungen. Solche Attraktionen sind wichtig, um im europäischen Wettbewerb mitspielen zu können. Aber man kann Kunst nicht nur auf kurzfristigen Erfolg ausrichten. Kunst muss sich entfalten können. Man muss bereit sein, ein Risiko einzugehen. Herr Finckh steht da für eine Super-Kombination: Er holt Monet nach Wuppertal, hat aber auch "Street Art" in die Kunsthalle Barmen gebracht. Diese Mischung ist wichtig. Man muss Experimente wagen. Gleichzeitig wäre es lebensfremd, nicht aufs Geld zu schauen.

Schmidt-Hermesdorf: Ich frage mich manchmal schon: Was würdest Du als Vorsitzender eigentlich machen, wenn Du nicht Rechtsanwalt und Steuerberater wärst und nicht die Unterstützung aus dem eigenen Haus hättest? Die Aufgabenteilung macht deshalb Sinn. Für den Kunstsachverstand ist allein Herr Finckh zuständig.

Schmidt-Hermesdorf: Ja, das war sozusagen meine erste Amtshandlung. Herr Finckh entwirft das Ausstellungsprogramm. Künstler, die man in Ketten legt, können sich nicht entfalten. Man muss ihnen eine Plattform bieten. Die Zusammenarbeit funktioniert sehr gut. Herr Finckh ist genial in seinen Ideen, was neue Ausstellungen angeht. Wuppertal hat eine erstklassige Tradition. Deshalb haben wir ein wichtiges Ziel: Die Museumsleitung muss immer erstklassig besetzt sein.

Schmidt-Hermesdorf: Monet ist ein gutes Beispiel: Die Jackstädt-Stiftung deckt das wirtschaftliche Risiko ab. Aber es geht nicht nur ums Geld. Wenn viele auswärtige Besucher zur Monet-Ausstellung kommen, wird Wuppertal positiv besetzt - über die Stadtgrenzen hinaus. Kunst als Wirtschaftsfaktor hat Auswirkungen auf die ganze Stadt.

Schmidt-Hermesdorf: Wir möchten die Museumspädagogik ausbauen, denn wenn sich die Jugend nicht gut entwickelt, kann aus der Gesellschaft nichts werden. Auch die Reihe "Kunsthochdrei" liegt mir besonders am Herzen - weil sie die Bildende Kunst, Musik und Literatur zusammenbringt. Das kommt meinem Naturell entgegen. Man darf nicht im eigenen Saft schmoren.

Schmidt-Hermesdorf: Ich gehöre zu denen, die sich zunächst am Anblick erfreuen. Wenn ich eine Ausstellung besuche, stelle ich mich erst einmal in die Mitte des Raums, versuche zu erraten, was der Künstler ausdrücken möchte, und frage mich: Gefällt dir das - oder nicht? Später nehme ich an einer Führung teil, weil man sich intensiv mit den Dingen beschäftigen muss, um sie richtig wertschätzen zu können. Man muss die Feinheiten ausgraben. Das gilt für das gesamte Leben, vor allem auch für meinen Beruf - zum Beispiel beim Erbrecht und bei Umstrukturierungen. Die Suche nach der richtigen Unternehmensform ist oft ein Riesen-Puzzle - genauso wie die Beschäftigung mit der Bildenden Kunst.

Schmidt-Hermesdorf: Moderne Kunst spricht mich sehr an. Auch Feininger und Macke finde ich toll.

Schmidt-Hermesdorf: Und in meinem Rotary-Club Wuppertal-Haspel, der unter anderem Gemeindienst für das Kinderhospiz leistet. Wenn ich in einer Stadt lebe, möchte ich auch etwas für sie tun. Wer Kunst und Kultur haben möchte, muss sich dafür engagieren.

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