Kooperation „Wer beim Kinderkonzert besteht, besteht überall“

Sinfonieorchester Wuppertal und Dirigentenforum beginnen eine Kooperation.

 Freuen sich aufs Schulkonzert: (v.l.) Anne Kussmaul, Julio Garcia Vico, Claudio Novati und Eva Pegel.

Freuen sich aufs Schulkonzert: (v.l.) Anne Kussmaul, Julio Garcia Vico, Claudio Novati und Eva Pegel.

Foto: Fries, Stefan (fri)

Früher, als sie noch so was wie Götter im Frack waren, gaben Dirigenten dem Orchester oft nur die Taktzahlen vor. „Heute bestehen Wunsch und Notwendigkeit zu vermitteln, was man tut, mit dem Publikum zu interagieren“, weiß Benjamin Reissenberger, Orchestermanager des Sinfonieorchesters Wuppertal. Das beginnt diese Woche eine neue Kooperation mit dem Dirigentenforum des Deutschen Musikrats, verbindet diese mit dem zweiten Schulkonzert, so dass eine Art kleiner Meisterkurs für zwei Stipendiaten des Forums entsteht.

Julio Garcia Vico gewann 2019 den Deutschen Dirigentenpreis. Der 27-jährige Spanier studiert an der Robert Schumann Hochschule Düsseldorf Dirigieren bei Professor Rüdiger Bohn. Im Sommer letzten Jahres fragte Bohn bei Reissenberger nach der Möglichkeit eines Unterrichts durch Generalmusikdirektorin Julia Jones. „Wir waren interessiert, aber nicht an einer einmaligen Aktion, weshalb wir es mit dem Dirigentenforum verbinden wollten.“ Das Förderprogramm für den dirigentischen Spitzennachwuchs wählte zwei Studenten aus. Die wiederum nun einen mehrtägigen Mini-Meisterkurs im Rahmen des Schulkonzerts in Wuppertal durchlaufen, weil das Format die Möglichkeit zum „Echtzeit-Dirigieren bietet“, heißt: Beide zusammen werden vier der insgesamt sechs Konzerte in dieser Woche dirigieren.

In der letzten Woche nahmen sie Kontakt auf, „wir mussten uns ja erst kennenlernen“, erzählt Anne Kussmaul, die das zweite Schulkonzert der Spielzeit erarbeitet hat und moderiert. Nun sitzen sie in der Stadthalle beisammen, besprechen die Einsätze, „die Dirigenten müssen wissen, wann sie dran sind, wann sie wegen der Texte unterbrechen müssen“. Das Spiel in Häppchen kann durchaus stressen, schwieriger sein, als in einem durchzuspielen, erzählt Claudio Novati. Der 27-jährige Italiener arbeitet am Theater Heidelberg, hat im letzten Jahr den DAAD-Preis erhalten.

Rhythmus bringt alle
Instrumente ins Spiel

„Rhythmus im Blut“ heißt das Programm, das die freischaffende Musikvermittlerin Kussmaul mit Heike Henoch vom Educationteam des Sinfonierorchesters zusammengestellt hat. Das Thema Rhythmus, erklärt sie, eigne sich hervorragend für empirisches Lernen. Rhythmus hält Musik zusammen, bringt alle Instrumente eines Orchesters, nicht nur das Schlagzeug, ins Spiel. „Ich mache gerne Interaktion, möchte nicht theoretisch, sondern praktisch erklären.“ Die Kinder „machen“ eine Synkope, bevor das Orchester sie spielt und sie dann hören, dass sie das gerade dargestellt haben. Bei der Musikauswahl achtete Kussmaul auf verschiedene Rhythmen – eine Polka, ein Walzer, aber auch ein polyrhythmisches Stück werden gespielt.

Julio Garcia Vico war zunächst Pianist, bevor er das Dirigieren für sich entdeckte, dass „der Job für mich ist, mich glücklich macht, was ich wiederum auch vermitteln kann“. Claudio Novati hatte zunächst die Orgel als „Ansprechpartner“. An die Stelle der „Maschine“ treten nun Menschen, „das Orchester ist einfach ideal“, schwärmt er. Vom Meisterkurs mit Julia Jones in Wuppertal versprechen sich beide viel: Praktische Tipps wie den, dass man die Musiker direkt anzuschauen habe. Das Lernen beim Zuschauen sei „goldwert“. Dirigieren bedeute nicht nur den Taktstock rauf und runter zu bewegen, Dirigieren habe musikalische, strategische, psychologische Seiten. Vor allem aber lerne man den Umgang mit dem Publikum. Julio Garcia Vico: „Wenn man für Kinder spielt, ist das sehr einfach und sehr kompliziert. Wenn man das schafft, kann man alles.“ Ein Dirigent müsse alles drauf haben, nicht nur die Musik, ergänzt Claudio Novati.

Das zweite Schulkonzert ist Auftakt, eine dauerhafte Zusammenarbeit mit dem Dirigentenforum erwünscht. Weshalb man sich nach der Woche zusammensetzen will, sagt Eva Pegel, die Projektleiterin beim Dirigentenforum ist. Schließlich, so Esther Klose, die die Öffentlichkeitsarbeit des Orchesters leitet, gebe es einen Bildungsauftrag, man müsse sich auch um den Dirigentennachwuchs kümmern.

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