„Aus dem Leben des Stadtverordneten August Funccius“ : Das Leben des Urgroßvaters erlaubt Blick in Wuppertals Vergangenheit
Waltraud Robke-van Gerfsheim legt ihr dittes historisches Buch vor, das sich erneut einem Vorfahren widmet.
Geschichte, speziell die des 19. Jahrhunderts, interessierte Waltraud Robke-van Gerfsheim schon immer. „Ich wurde mit Menschen groß, von denen einige um 1870 herum geboren worden waren“, erzählt die ehemalige Wuppertaler Lehrerin, Schulleiterin und Schulamtsdirektorin. Nun legt die 1936 geborene Pensionärin bereits ihr drittes historisches Buch vor. Es wirft wie seine Vorgänger den Blick auf Menschen, die im 19. Jahrhundert im Wupper-Tal lebten, lässt zugleich das damalige bürgerliche Leben lebendig werden. Im Zentrum steht ihr Urgroßvater August Funccius.
Waltraud Robke-van Gerfsheim stammt aus einer großen Familie, erlebte als Kind 1948 einen „Funcciustag“ im Festsaal der Zoo-Gaststätten, der so viele Menschen zusammenführte, dass die verschiedenen Stränge durch farbige Schleifen unterschieden wurden. Auch wenn sie das Erlebnis in „unübersichtlicher Gesellschaft“ nicht genoss, es das letzte seiner Art bleiben sollte, gibt es ihrem 80 Seiten umfassenden, liebevoll gestalteten Buch den erzählerischen Rahmen. Dazwischen führt sie in das Leben ihres Urgroßvaters ein, der 1836 als fünftes von elf Kindern der Eheleute Johann Friedrich Funccius und Anna Marie Blume das Licht der Welt in Uellendahl erblickte. Der (später) „dickste Mann Elberfelds“ brachte es zum erfolgreichen Metzger und geachteten Stadtverordneten, der in der Stadt, etwa beim Kampf um den Elberfelder Rathausbau am Neumarkt, Spuren hinterließ. Er starb 1904 nach kurzer Krankheit, „wahrscheinlich an einem Herzleiden“ mit 68 Jahren. Die Autorin verfolgt sein Leben weitgehend chronologisch, von der durch den Vater geprägten Kindheit und Jugend bis zum eigenständigen Erwachsenen-Leben. Sie selbst näherte sich während der Arbeit ihrem Vorfahren an, der ihr „nun vertraut ist“, weshalb sie sich auch im Nachhinein freut, beim letzten Familienfest dabei gewesen zu sein.
Mit ihrer Arbeit erfüllt Waltraud Robke-van Gerfsheim einen unausgesprochenen Wunsch ihres Vaters (1901 bis 1996). Dieser kümmerte sich immer um die große Familie, die im Wupper-Tal beziehungsweise in Wuppertal lebte. Er hob alles auf, was er über ihre Geschichte fand. Hinterließ so seiner ältesten Tochter ein umfangreiches Archiv aus Fotos, Dokumenten, Briefen, Lebensberichten, Urkunden, Menükarten, Zeitungsartikeln oder Anzeigen. Stumme Zeugen des 19. Jahrhunderts über Menschen, die dem aufstrebenden Mittelstand zugeordnet werden können. Eine sehr aktive Bevölkerungsschicht, die bislang in Geschichtsbüchern wenig Niederschlag findet. „Man weiß eigentlich nur, wie schlecht es den Arbeitern ging und was die Oberschicht machte“, erkannte Robke-van Gerfsheim. Eine Lücke, die sie nun bereits zum dritten Mal schließen hilft. Auch wenn sie dafür langweilige, weil umständlich geschriebene Texte und ellenlange Ratssitzungsprotokolle lesen und filtern musste. „Ich habe ja Zeit“, sagt sie und lächelt.