Von der Heydt-Museum Das kleine Mädchen mit Strohhut

Paula Modersohn-Beckers Bild ist ab 9. September am Turmhof zu sehen.

Paula Modersohn-Beckers „Kopf eines kleinen Mädchens mit Strohhut“ aus dem Jahr 1905.

Paula Modersohn-Beckers „Kopf eines kleinen Mädchens mit Strohhut“ aus dem Jahr 1905.

Foto: Von der Heydt - Museum Wuppertal/VdhM

Fasziniert von einfachen bäuerlichen Motiven und der Malerei unter freiem Himmel, kam Paula Modersohn-Becker (1876-1907) als Kind einer Dresdener Bürgerfamilie über das Studium an der London School of Arts und der Malschule des Vereins Berliner Künstlerinnen in die Malerkolonie Worpswede. Seit 1898 lebte sie als Schülerin von Fritz Mackensen ständig in dem nahe Bremen gelegenen Dorf, unterbrochenen von einigen Aufenthalten in Paris. 1901 heiratete sie den verwitweten Otto Modersohn, einen führenden Künstler der Malerkolonie.

Unser Porträt eines jungen Mädchens mit Strohhut, das ab 9. September in unserer Ausstellung „Paula Modersohn-Becker – Zwischen Worpswede und Paris“ zu sehen sein wird, lässt Typisches für die Arbeit der Künstlerin erkennen: beispielsweise die Nahsicht. Hat die Künstlerin ihr Motiv gefunden, so erscheint das, was sie selbst am eindringlichsten wahrnimmt und empfindet, als bildbeherrschend. Hier bannt der Kopf des Kindes, das präzise modellierte Gesicht, von blonden Haaren umrahmt, und der darüber sitzende dunkle Strohhut den Blick. Gemeinsam mit der nur angedeuteten Landschaft des Hintergrunds formt sich trotz des kleinen Formats ein in sich stimmiges Ganzes. Aus wachen, klaren Augen blickt das Mädchen sein Gegenüber spontan an, so dass ein Dialog möglich scheint. Die Darstellung weicht von den meisten anderen Kinderbildern ab, in denen die Jungen und Mädchen durch den Beschauer hindurch zu blicken scheinen, so als ob ihre Aufmerksamkeit nur vorbei gleitet, um dann wieder in der eigenen kindlichen Welt zu versinken.

Während im 19. Jahrhundert Kinder bevorzugt als glückliche, asexuelle Wesen dargestellt wurden, wandte sich Paula Modersohn-Becker zu Beginn des 20. Jahrhunderts dem Kind und seiner ihm eigenen Welt zu. Anders als bei Käthe Kollwitz lässt sich jedoch in ihren Gemälden keine moralisierende Absicht erkennen. Sie belässt die Kinder einfach in ihrer naturhaft-kreatürlichen Lebenswelt.

Erste Anerkennung erhielt Paula Modersohn-Becker erst einige Jahre nach ihrem frühen Tod. Einer, der das Werk Paula Modersohn-Beckers bereits früh schätzen lernte, war August von der Heydt. Schon 1909, zwei Jahre nach ihrem Tod, erwarb der Bankier und Kunstmäzen sein erstes Gemälde von ihr: das „Stillleben mit Rhododendron“. In seinem Sammlungskatalog von 1918 sind bereits 15 Werke von Paula Modersohn-Becker verzeichnet. Das Bild „Kopf eines kleinen Mädchens mit Strohhut“ kaufte 1949 der Wuppertaler Kunst- und Museumsverein. Das Von der Heydt-Museum besitzt, neben dem Paula-Modersohn-Becker-Museum in Bremen, das größte Konvolut an Bildern der mit 31 Jahren verstorbenen Pionierin der Moderne.

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