1929 Vereinigte Stadttheater Barmen-Elberfeld gab es schon vor 1929

Die Gründung der Stadt Wuppertal vor 90 Jahren führte auch bei kulturellen Einrichtungen zu Fusionen. Aber nicht zwangsläufig.

Das Opernhaus wurde 1905 gebaut, 1943 bei einem Luftangriff schwer beschädigt. Die Ruine ist Basis des Neubaus der 50er Jahre.

Das Opernhaus wurde 1905 gebaut, 1943 bei einem Luftangriff schwer beschädigt. Die Ruine ist Basis des Neubaus der 50er Jahre.

Foto: Ja/Fischer, A. (F22)

1929 ist das Geburtsjahr der Stadt Wuppertal, entstanden durch den im Rahmen der „Preußischen Kommunalreform“ angeordneten Zusammenschluss der Städte Barmen und Elberfeld samt Eingemeindung von Ronsdorf, Cronenberg und Vohwinkel – alle brachten eine lange eigene Geschichte mit. Auch das kulturelle Leben und seine Einrichtungen blieben davon nicht unberührt. Ein Überblick.

Sie verfügten über eigene, eigenständige Traditionen und lieferten doch eine Art Blaupause für die 1929 zu vollziehende Vereinigung der Verwaltungen. Die Stadttheater Elberfeld (am Brausenwerth) und Barmen (Spinnstraße/Neuer Weg – heute Kurt-Drees-Straße/Friedrich-Engels-Allee) wurden bereits zum 1. Mai 1919 zu den „Vereinigten Stadttheatern Barmen-Elberfeld“ zusammengeschlossen.

Eine Vernunftsentscheidung, ausgelöst durch die Nöte des Ersten Weltkriegs, die auch die Besucherzahlen einbrechen ließen. Der legendäre Erich Kleiber, der die Oper in Barmen überregional erfolgreich gemacht hatte (während das Schauspiel Stiefkind blieb), wurde Erster Kapellmeister. Michael Okroy schreibt 2009 in seinem Buch über die Oper in Barmen: „... war auf künstlerischem Gebiet freiwillig etwas begonnen worden, das erst im Sommer 1929 auch politische Realität wurde: die Vereinigung von Barmen und Elberfeld mit anderen Gemeinden zur Stadt Wuppertal.“

1930 folgte die Namensänderung in „Städtische Bühnen“, die Saison 1930/31 war die erste mit wirklich gemeinsamem Spielplan und in Folge die sukzessive Konzentration auf Schauspiel und Operette in Elberfeld und Oper in Barmen.

Davon unberührt blieb das Thalia Theater, wo seit 1906 Operetten, Revuen und Variété über die Bühne eines Belle Èpoque-Gebäudes gingen, das auf einem Areal an der Wupper, am Rand des abgebrochenen Armenviertels Island, errichtet worden war. Dass der 30. August 1929 ein besonderer Tag werden sollte, lag daran, dass das Theater nach einem Umbau in – der Zeit entsprechend – schlichterem Gewand wieder eröffnet wurde.

Auch die Historische Stadthalle – Ergebnis einer heftigen Diskussion um einen großen Konzertsaal für Musikfeste in den 1870er Jahren – erlebte wichtigere Jahre als 1929. In nur vier Jahren war sie als Prachtbau mit deutlich erkennbaren Vorbildern aus der italienischen Hochrenaissance auf dem Johannisberg errichtet und mit einem Bergischen Musikfest im Juli 1900 eingeweiht worden.

Treibende Kraft der kulturellen Entwicklung waren die Bürger, die in Kunst, Musik und Literatur eine Ausdrucksmöglichkeit für ihr erstarktes Selbstbewusstsein und Bildungsgüter sahen, die es zu wahren und weiterzugeben galt.

Seit dem 19. Jahrhundert pflegten sie den Chorgesang, trafen sich zur Hausmusik. In Barmen gab es den Städtischen Singverein, in Elberfeld den Gesangverein, die sich später zum Chor der Konzertgesellschaft zusammenfanden. Theodor Jüchter, Kulturdezernent der Jahre 1980 bis 2000 und Autor mehrerer Bücher über Wuppertal, erinnert daran, dass es damals viele Hauskonzerte im Briller Viertel gab. 1861 waren überdies Konzertgesellschaften in Barmen und Elberfeld gegründet worden, die im Jahr 1932 zur Konzertgesellschaft Wuppertal fusioniert wurden.

Um die Literatur machten sich, ebenfalls seit dem 19. Jahrhundert, Bürgergesellschaften verdient – „die ‚Schützengesellschaft’ am Brill in Elberfeld und die ‚Concordia’ in Barmen“, so Jüchter in seinem Buch über die Stadthalle. Man traf sich zu „Literatur- und Leseabenden“, baute „private und öffentlich wertvolle Bibliotheken auf“. Sammelte Kunst, die man in Bürgervillen im Briller Viertel aufhing oder auch dem Museum stiftete.

Und man organisierte sich – seit 1866 im Barmer Kunstverein und seit 1892 im Elberfelder Museumsverein, die 1946 zum Kunst- und Museumsverein Wuppertal vereinigt wurden, der heute zu den größten Kunstvereinen Deutschlands zählt. 1929 bespielten die einen die Ruhmeshalle in Barmen, die anderen das ehemalige Rathaus in Elberfeld mit Ausstellungen.

Die Barmer Kunstfreunde hatten einen fortschrittlichen Ruf, galten als Hochburg des Expressionismus mit entsprechender Sammlung und Ausstellungen. Sie führten ihre Ruhmeshalle selbständig weiter – bis die Nationalsozialisten dem ein Ende machten. In Elberfeld wiederum entstand ein Schwerpunkt in französischer impressionistischer Malerei. Und es gab einen neuen Titel: Aus dem Städtischen Museum Elberfeld wurde 1929 das Städtische Museum Wuppertal (seit 1961 Von der Heydt-Museum).

Ein ganz besonderes Jahr war 1929 für die Zentralbibliothek. Sie zog in ein neues Gebäude an der Kolpingstraße in Elberfeld. Grund: Die kommunale Neuordnung hatte die Zusammenlegung der 1900 in der Ruhmeshalle in Barmen und der 1902 am Neumarkt in Elberfeld eröffneten Stadtbüchereien nach sich gezogen. Die Leitung übernahm der Elberfelder Direktor. Beginn eines Wuppertaler Bibliothekensystems, das aus der wissenschaftlichen Hauptbibliothek in Elberfeld sowie der Stadtteilbibliothek Barmen als zentraler Beratungsstelle für die „volkstümlichen“ Stadtteilbibliotheken Cronenberg, Langerfeld, Ronsdorf und Vohwinkel bestand.

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