Ulrich Tukur: Ein Tausendsassa beweist im Tal sein Taktgefühl
Drei Zugaben und 1000 Gäste: Der „Tatort“-Star spielte mit seinen Rhythmus Boys in der Stadthalle.
Wuppertal. Schauspieler, die singen, sind eine ganz eigene Spezies. Wenn sie ihre Popularität auf Spiel setzen, zu Eintagsfliegen mutieren und wie nimmersatte Motten das (Rampen-)Licht umschwirren, kann man nur hoffen, dass sie am Ende selbst erkennen, wo ihre wahren Qualitäten liegen.
Bei Ulrich Tukur ist das anders. Der Schauspieler hat nicht nur Musik im Blut — wie seine Silvester-Gäste in der Stadthalle sofort bemerkten. Er hat vor allem Hummeln im Hintern. Davon hat der „Tatort“-Kommissar allerdings so viele, dass sein Temperament — dazu gehört ein ausgesprochener Hang zur gehobenen ironischen Plauderei — mit ihm durchgeht.
Der 56-Jährige spricht so schnell, dass es vor allem in den hinteren Reihen schwerfällt, seinen charmanten Ansagen zu folgen. Was schade ist, denn Tukur überzeugt nicht nur als vielseitiger Sänger — genauso wie als hervorragender Klavier- und Akkordeonspieler —, sondern auch als eloquenter Entertainer. Vor allem anfangs legt er so rasant los, dass die ein oder andere Pointe schlichtweg untergeht.
Geschichten erzählen — das kann er. Doch Tukur kann noch viel mehr. Keine Frage: Das musikalische Niveau ist von Anfang an sehr hoch. „Musik für schwache Stunden“ hat Tukur angekündigt. Dabei könnte man den thematischen Bogen, den er in Elberfeld schlägt, auch als musikalische Weltreise bezeichnen. Spanien, Japan, Kongo: Fast jeder Kontinent wird klangvoll gestreift. „Ein Señor und eine schöne Señorita “ laden zum Mitwippen ein, „Nagasaki“ lässt grüßen, auch „Bongo Bongo Bongo“ versprüht beste Laune und Heiterkeit. Launig kündigt Tukur „Das Großstadt-Lied“ an, das bestens zu Wuppertal und seiner „wunderbaren Halle“ passe. Schelmisch präsentiert er „Das Nachtgespenst“, feixend blickt er in Richtung Orient („Im Harem sitzen heulend die Eunuchen“). Jedes Lied zündet, aber nicht unbedingt jeder Witz.
Denn wer jedes Wort auf die Goldwaage legt, verpasst das musikalische Tafelsilber. Zwischen den einzelnen Stücken — darunter sind etliche Filmschlager aus den 30er und 40er Jahren — erinnert sich Tukur an eine missratene „Macbeth“-Inszenierung mit einem inkontinenten Hund, die er witzig und äußerst plastisch beschreibt. Er philosophiert über den Zauber der Tanzmusik und erklärt den „Zuckerfritz“ kurzerhand zum „Eierfritz“. Panne oder Absicht? Die rund 1000 Gäste, die am Ende begeistert sein werden, drei Zugaben erhalten und stehend Applaus spenden, müssen für sich selbst eine Antwort finden. Denn immer stellt sich die Frage: Flunkert Tukur jetzt oder nicht?