„Tonleiter“ lockt mit Uraufführung im Wuppertaler Skulpturenpark

Die beliebte Skulpturenpark-Reihegeht im November in eine neue Runde. Es gibt große Pläne.

Es ist nie zu spät, um zum zeitgenössischen Musikfreund zu werden: Mit einer Mischung aus leisem Stolz und lauter Begeisterung erzählt Klarinettist Gerald Hacke, was ihm ein Zuhörer nach einem Konzert gestanden habe. Der Spätberufene erklärte, dass er jetzt — mit 83 Jahren — zum ersten Mal den Zugang zur zeitgenössischen Musik gefunden habe. Schuld daran sei — in bestem Sinne — die „Tonleiter“. Nicht nur er darf sich freuen: Die beliebte „Tonleiter“-Reihe in Tony Craggs Skulpturenpark geht weiter — am 15. November startet sie in die fünfte Saison.

Gerald Hacke, künstlerischer Leiter des Konzertreigens, hat Großes vor: Nach vier erfolgreichen Spielzeiten beginnt die fünfte Saison mit einem Paukenschlag. Detlev Glanert, Jahrgang 1960, hat eigens für den Skulpturenpark ein Stück komponiert. „Elysion“ heißt das Klavierquartett, das Glanerts 2012 verstorbenem Lehrer Hans Werner Henze gewidmet ist.

Die erste Auftragskomposition — vergeben und finanziert von der Cragg Foundation — ist ein Experiment, dem Hacke mit viel Taktgefühl entgegenfiebert. „Es ist natürlich großartig, wenn auch der Zeitgenosse da ist, dessen Werk man spielt“, sagt der Klarinettist, der zum Wuppertaler Sinfonieorchester gehört.

Dass Glanert bei einer Probe und dem Konzert am 15. November anwesend sein wird, nährt Hackes Hoffnung, Tipps aus erster Hand umsetzen zu können und am Ende mit der eigenen Interpretation möglichst dem nahezukommen, „was sich der Komponist gedacht hat“. Jeweils bis zu 200 Zuhörer sind live dabei, wenn im Skulpturenpark unterschiedliche Besetzungen Stücke aus den vergangenen hundert Jahren vorstellen.

Gerald Hacke, Klarinettist

„Das ist für eine Reihe mit zeitgenössischer Musik, die in der Regel nicht so einfach zu verstehen ist wie klassische, äußerst beachtlich“, betont Hacke, der daraus Kraft für weitere musikalische Taten zieht und enthusiastisch die Werbetrommel rührt: Neben einer Uraufführung kündigt er eine eigene CD-Reihe an.

Eines der vor rund eineinhalb Jahren im Park präsentierten „Tonleiter“-Programme mit dem Titel „Britannia“ wurde im Sommer in der Immanuelskirche eingespielt und soll bald erhältlich sein. Eine weitere CD wird sich Werken von Detlef Glanert widmen. Auch das letzte Konzert der aktuellen Saison soll aufgenommen werden.

Was das Erfolgsrezept ist? „Dass wir uns an kein Spezialpublikum richten. Wenn man neugierig ist, ist das schon die halbe Miete. Dann sind die Ohren offen, dann ist der Kopf offen.“ Die Reihe punktet vor allem mit der Tatsache, dass es neben einem hohen musikalischen Niveau auch hilfreiche Erklärungen zu den einzelnen Werken — sprich eine Moderation — gibt.

Dabei sind die Konzerte auch für die Musiker eine Herausforderung: „Zeitgenössische Musik zu präsentieren, ist deutlich aufwendiger“, weiß Hacke. „Die Klassiker des 18. und 19. Jahrhunderts hat man gelernt, die können wir quasi vom Blatt spielen. Zeitgenössisches ist komplexer, was Rhythmus und Zusammenspiel betrifft. Die Spieltechnik ist eine ganz andere.“ Und auch hier gilt: Es ist nie zu spät, um von ihr begeistert zu sein.

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