TiC-Ensemble liefert rührende Geschichte

Mit „Honig im Kopf“ wird das Thema Altersdemenz einfühlsam auf die Theaterbühne gebracht.

TiC-Ensemble liefert rührende Geschichte
Foto: Andreas Fischer

Wuppertal. Der Applaus dauert lange und wird von vielen Jubel-Rufen gekrönt. Mit der Kino-Komödie „Honig im Kopf“ sorgt Ralf Budde im TiC für einen beeindruckenden Theaterabend. Den größten Anteil daran haben Joachim Rettig, der den von Demenz gezeichneten Amandus spielt, und Michelle Ossowski als seine Enkelin Tilda.

Mit feinem Gespür stellt der erfahrene Rettig den Senior dar, der auf der einen Seite lebenslustig Witze erzählt und dazu breit grinst, dann aber die Orientierung verliert und hilflos vor sich hinstarrt. Er zeigt die bemühten Versuche des Kranken, es seiner Umgebung recht zu machen. Voller Freude rührt er ganze Eier mit Mehl und Spülmittel zusammen, um seinen Lieben einen Kuchen zu backen. Zornig wütet Amandus, wenn all seine Bemühungen ins Leere laufen und sich die Umwelt für ihn unerklärlich verhält. Die Zuschauer leiden mit dem alten Mann, wenn er im Laufe des Stücks immer weniger versteht und immer mehr Alltagsfähigkeiten verliert.

Als muntere Gegenspielerin tritt die 14-jährige Michelle Ossowski (in Doppelbesetzung mit Linnea Fleing) auf. Mit beeindruckender Textsicherheit stellt sie sich gleich zu Beginn ganz alleine auf die Bühne und beginnt ihren langen Monolog. In den Kindertheaterkursen des TiC hat die junge Schauspielerin schon Erfahrung gesammelt, die sie jetzt einbringt. Mit viel Charme verkörpert sie die zupackende Enkelin, die ihren Großvater heiß und innig liebt. Deshalb will sie ihn nach Venedig bringen. In der Stadt, in der er mit seiner verstorbenen Frau so glückliche Stunden verbracht hat, so hofft sie, könnte er wieder gesund werden. Die Reise verläuft turbulent.

Bühnenbauer Jan Bauerdick schafft es mit viel Geschick, die verschiedenen Stationen auf die enge Bühne zu bauen: Weiße Mauersteine bilden die Grundfläche für Wohnung, Städte und Bahnhöfe. Eine zweite Wand im kleinen Heim des Opas lässt sich zusammenfalten und gibt den Blick auf die großzügige Küche von Tildas Familie frei. Der Bahnhof wird auf die Steine projiziert. Das Zugfenster besteht aus einer Leinwand. Einmal gibt es sogar Sonderapplaus für eine überraschende Bühnenbild-Lösung. Nur die Musik in den Umbaupausen — die klingt in der ersten Hälfte sehr gleichförmig und nervend. Doch das ist angesichts der packenden Handlung schnell vergessen. Christina de Bruyckere-Monti und Andreas Wirth spielen die gestressten Eltern von Tilda, deren enger Zeitplan durch Amandus durcheinandergerät. Giftige Blicke und Worte fliegen hin und her. Monika Owart und Regina Overkamp übernehmen im schnellen Wechsel alle anderen Rollen. Sie überzeugen als Polizistinnen, Ärztinnen, Klofrauen oder Nonnen. Am Ende erreichen Tilda und Amandus Venedig. Und auch wenn Amandus nicht wieder gesund wird, haben sich dann alle mit seinem Schicksal abgefunden.

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