Thorsten Hamer verteilt Seitenhiebe im Silbensee

Der Schauspieler hatte Premiere im Leo Theater. Dort treffen sich Kafka und Freud im Waschkeller.

Wuppertal. Die Herren sind lose an die Wand gepinnt - nebst Auszügen aus ihren Werken. Goethe, Shakespeare, Kafka und Freud: Thorsten Hamer zitiert bunt gemischt aus den Klassikern der Schulliteratur. In seinem Leo Theater im Kunsthaus Langerfeld präsentierte er die Ein-Mann-Komödie "Ein Satz im Silbensee" von Joachim Maurer.

Eigentlich ist der Protagonist spätabends im Waschsalon auf der Suche nach dem Alltäglichen, nach dem Durchschnitt des Lebens. "Seine literarische Belanglosigkeit ist belegt - es gibt keine Oper im Waschkeller." Stattdessen trifft er dort die Unterwelt. Genau genommen die Crème de la Crème der Unterwelt. Denn während Großerbtante Franzi munter ins Nirvana weiterwandern darf, müssen die Dichter und Denker ausharren. Nur wer auf Erden vergessen ist, hat eine Chance auf das ewige Leben.

Hamer trägt die Lederjacke offen über dem gelben Fisch-Hemd und der Silberkrawatte und hüpft virtuos von Hitchcock zu Heidegger und von Pythagoras zu Proust. Er lümmelt sich als Charles Bukowski auf seinem Stuhl und philosophiert als Franz Kafka über "Herr G. wie Gläubiger". Denn schließlich möchte der Schriftsteller wissen, wie es ist, von einem Gerichtsvollzieher gepfändet zu werden.

Tschaikowsky isst Pizza, während Shakespeare in freier Abwandlung des berühmten Zitats über "to eat or not to eat" (essen oder nicht essen) plaudert. Franz Schubert vertont die Lokalseiten der Westdeutschen Zeitung und Sigmund Freud gründet den Fernsehsender TV Oberfläche. Hamer kriecht unter seine Lederjacke, wenn er Karl May beim Schreiben und seine Leser beim Schmökern nachahmt, er räkelt sich als Marcel Proust auf dem Tisch und singt als Bert Brecht.

Wenn Hamer selbst einmal eine Pause braucht, macht seine Stimme vom Band weiter. Mit seiner Intensität und Spielfreude reißt er das Publikum schnell mit. "Ein Satz im Silbensee" ist ein Stück für Literaturliebhaber und Bücherwürmer, voller Ironien und kleiner Seitenhiebe sowohl auf die Klassiker als auch auf das schnelllebige Hier und Jetzt.

Regie/Stück: 3 von 5 Punkten

Bühne: 4 von 5 Punkten

Schauspielerleistung: 5 von 5 Punkten

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