Tango-Fieber in der Stadthalle

Der Ball in Wuppertals guter Stube war erneut ein voller Erfolg – Tango liegt im Trend.

Wuppertal. Der typische Tango-Tänzer neigt zur Melancholie und seine Partnerin ist schwermütig? Nein, das passt nicht zu Anja und Stefan Wondorf. Immerhin sind sie Kölsche Frohnaturen und begeistert von ihrem Hobby: dem Tango-Tanz. Am Samstagabend tanzte das Paar auf dem "Ball Tango Argentino" in der Historischen Stadthalle. Fast 1500 Hobbytänzer legten wie sie eine heiße Sohle aufs Parkett.

Auf dem Tanzparkett sind die Rollen des Paares anders als im Alltag verteilt, denn Frau folgt Mann bedingungslos. Untypisch. "Vom ersten Tanzschritt an muss meine Frau tun, was ich vorgebe", sagt Stefan Wondorf - woraufhin ihm seine Frau einen vielsagenden Blick zuwirft.

Wobei, eigentlich hatte sie sich über die Idee ihres Mannes, einen Tango-Kurs zu machen, gefreut: "Überrascht war ich aber schon", gibt sie im Gespräch mit der WZ zu. Es waren Tango tanzende Darsteller in alten französischen Filmen, die Stefan Wondorf auf die Idee brachten, es ihnen auf der Tanzfläche nachzueifern.

Still und heimlich hat sich Wuppertal zu einem Tango-Paradies in der Region gemausert. "In Wuppertal kann man jeden Tag Tango tanzen", sagt Veranstalter Carsten Heveling. Das spricht sich herum, weiß er. Seit 1998 organisiert er den Ball - und das Interesse wächst von Jahr zu Jahr. Beruflich ist er als Restaurator von Bandeoneons, eine Art Akkordeon, auch mit der Tango-Szene verbunden.

Wie verfiel er selbst einst der Tangoleidenschaft? Früher arbeitete er als Kostüm-Assistent bei Pina Bausch. Als er dann einen ihrer Freunde aus Sao Paulo sah, wie der "Tango argentino" im Café Ada tanzte, war er hin und weg: "Das ist Tango wie ihn das Volk auf den Straßen Argentienens tanzt."

So auch Alejandra Heredia und Marino Otero aus Santa Fe in Argentinien. Alle Augen sind auf die Publikumslieblinge gerichtet, als die den Gästen, begleitet von der Musik des Orchesters Ciudad Baigón, eine Kostprobe ihres tänzerisches Könnens geben.

Verführt die gebürtige Madrilenin in einem eleganten goldenen Kleid ihren Tanzpartner mit einem leidenschaftlichen Blick, schmiegt sie sich liebevoll an seinen Körper, während dieser sie in die Luft hebt - bevor sie ihm die kalten Schulter zeigt und auf Distanz geht. Tango ist eben ein Spiel aus Nähe und Distanz, ein Beziehungsdrama, zerrissen zwischen Liebe und Verachtung.

"Grandios", schwärmt Sabine Mayer aus Wuppertal von der Empore aus. Das Erfolgsgeheimnis der Beiden? "Meiner Meinung nach ist es ihre Paar-Harmonie. Ihnen nehme ich ab, dass sie Tango leben."

Und wieder einmal wird klar: Tango ist kein Zeitvertreib, sondern eine Lebenseinstellung. Das spüren auch Anja und Stefan Wondorf. "Seit wir Tango tanzen, tauchen wir auch in die Kultur ein. Seit über einem Jahr spielt das Autoradio nur eine Platte - na klar, Tangomusik.

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