Sparpläne spornen Schauspieler an

Hendrik Vogt will ein Zeichen setzen: Der Neue im Ensemble hat sich bewusst für Wuppertal entschieden. Die Krise sieht er als Chance.

Wuppertal. Es gibt derzeit womöglich lukrativere Ziele für einen jungen Schauspieler - könnte man meinen. Hendrik Vogt sieht das nicht so. Auch wenn der 24-Jährige bereits die ersten skeptischen Reaktionen geerntet hat. Darunter Fragen wie diese: "Du gehst an die Wuppertaler Bühnen? Gibt es die denn überhaupt noch?"

Nichts von alledem hat ihn abgeschreckt - schon gar nicht die aktuelle Spardiskussion. Im Gegenteil. Der Ensemble-Neuling tritt in Wuppertal sein erstes festes Engagement an. Ganz bewusst und aus einem guten Grund. "Mich haben schon immer die besonderen Aufgaben interessiert", erklärt er. "Gerade jetzt ist es hier doch spannend."

So empfindet er die drohenden Zuschusskürzungen nicht zuletzt alsAnsporn und persönliche Herausforderung: "Momentan schaut alles nachWuppertal." Für Vogt ist dies die perfekte Ausgangssituation, "ummitzuhelfen und zu beweisen, dass hier gutes Theater gemacht wird".

Angenehm selbstbewusst wirkt der Schauspieler mit den rotbraunen Haaren. Die wurden übrigens schon vor vielen Jahren grau gefärbt - ein Schlüsselerlebnis, bei dem er Blut leckte. Seine Premiere als Pantalone in Goldonis Komödie "Der Diener zweier Herren" hat er denn auch in bester Erinnerung. "Ich wurde richtig auf alt geschminkt. Herrlich!", schwärmt Vogt noch heute. Seitdem er in eine Schulinszenierung kurzfristig ergraut war, kann er sich keinen anderen Beruf vorstellen: "Am Schauspielen reizen mich die Figuren. Wie ticken sie, was wollen sie?"

Was Vogt selbst will, weiß er ganz genau: "Ich möchte mich nicht wiederholen und ganz viel ausprobieren." Deshalb will er auch vor allem eines: unentwegt "neue Figuren erforschen".

Der 1,90 Meter große Schauspieler versteckt weder sich selbst noch seine Überzeugungen. So spricht er auch offen darüber, was er an seinem Beruf nicht mag: "Die Angst", erklärt er - ohne jede Furcht, damit bei einigen Kollegen anzuecken. "Die Angst der Intendanten, nicht den Geschmack des Publikums zu treffen. Die Angst der Regisseure, nicht mehr engagiert zu werden. Und die Angst der Schauspieler, auf der Bühne zu versagen."

Vogt spricht schon wie ein "alter Hase" über das Bühnengeschäft. "Angst ist kein guter Weg", betont er. "Sobald man sie hat, versagt man sowieso, glaube ich." Woher so viel Mut stammt? Aus Auftritten in der freien Kölner Szene. "Ich habe viel im Theater im Bauturm gespielt", sagt er dankbar. "Mein Glück war, dass ich zur rechten Zeit die richtigen Leute getroffen habe."

Trotzdem (oder gerade deshalb) ist der Figuren-Forscher kein Typ, der alles einfach abnickt: "Es gibt ganz tolle Regisseure, aber auch solche, bei denen man nur Erfüller ist." Auch wenn der 24-Jährige erst am Anfang seiner Karriere steht, erhebt er, wenn es nötig ist, Einspruch. "Ich bin jemand, der sich dann zu Wort meldet. Das ist mir wichtig: Ich möchte mich persönlich einbringen und etwas gemeinsam erarbeiten. Theater ist ein Prozess."

Genauso wichtig sei aber das Leben abseits der Bühne: "Ich lege Wert darauf, auch ein Privatleben zu haben. Es gibt Schauspieler, die dem Publikum erzählen wollen, wie die Welt funktioniert, selbst aber nicht aus dem Theater herauskommen." Der Shakespeare-Fan schaut deshalb regelmäßig über den Bühnenrand und fährt nach Großbritannien - ins Theater, versteht sich. "Mein Traum ist, irgendwann einmal in England Theater zu machen."

Ein anderer Wunsch war übrigens dieser: "Ich wollte immer freiberuflich in verschiedenen Gruppen arbeiten. Ein Festengagement kann einen künstlerisch einschränken, wenn man am falschen Theater ist." Vogt ist deshalb "selbst überrascht, dass ich jetzt zu einem festen Ensemble gehöre". Doch der Sinneswandel hat seinen Grund: "Ich habe das Gefühl, mich für das richtige Theater entschieden zu haben."

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