Sophie Basse: „Die Unkündbare“ verlässt das Tal

Schauspielerin Sophie Basse geht nach Bonn. An den Bühnen bereitet sie ihre letzten Premieren vor.

Frau Basse, nach dem Ende der laufenden Saison zieht es Sie nach Bonn. Stecken allein künstlerische Gründe dahinter, oder hat die Entscheidung vor allem mit dem Spardruck der Wuppertaler Bühnen zu tun?

Sophie Basse: Die Entscheidung, nach Bonn zu gehen, hat ausschließlich künstlerische Gründe. Für mich bedeutet der Beruf Bewegung beziehungsweise Veränderung. Damit ist verbunden, sich immer wieder neu auf Menschen einzulassen. In Bonn steht ein Neustart bevor, und ich kenne sowohl die zukünftige Schauspiel-Intendantin als auch die neue Hausregisseurin aus meiner Zeit am Theaterhaus Jena und dem Theater Bremen. Ich freue mich sehr auf diese neue Herausforderung. Natürlich haben die Sparzwänge mir die Entscheidung noch leichter gemacht.

Sie gehören seit 2009 zum Ensemble und haben zahlreiche (Haupt-)Rollen übernommen. Wie bewerten Sie Ihre Zeit in Wuppertal? Haben sich Ihre Erwartungen erfüllt? Oder sind sie durch die Spardiskussionen, die Debatte um eine mögliche Schließung der Schauspiel-Sparte und die Aufgabe des Schauspielhauses als Spielstätte nachhaltig gedämpft worden?

Basse: Ich bin dankbar für die Rollen, die ich hier spielen durfte — und für die Begegnung mit einigen Kollegen und Regisseuren. Christian von Treskow (Anmerkung der Redaktion: Der Schauspiel-Intendant hatte Sophie Basse zu Beginn seiner Amtszeit nach Wuppertal geholt) hat unterschiedliche Regiehandschriften an den Wuppertaler Bühnen zugelassen, was uns Schauspielern viel Raum gegeben hat, um uns auszuprobieren. Die Schließungsdebatte hat uns natürlich zugesetzt, aber vor allem in der ersten Spielzeit durch die Protestaktionen auch enger zusammengeschweißt. Die Art und Weise, wie die Politik der Stadt über die vergangenen vier Jahre urteilt und wie wenig sie zum Beispiel das überregionale Interesse an den Arbeiten in Wuppertal honoriert hat, hinterlässt allerdings einen bitteren Nachgeschmack.

Welche Wuppertaler Arbeit war die — in persönlicher Hinsicht — größte Herausforderung?

Basse: Es ist unmöglich, vier Spielzeiten auf eine Arbeit zu reduzieren. Ich habe an den Wuppertaler Bühnen in mehr als 20 Produktionen gespielt und jede einzelne Arbeit als eine Herausforderung gesehen. Da mich mit der Regisseurin Claudia Bauer eine lange Künstlerfreundschaft verbindet und sie mich mit den vielleicht komplexesten Figuren betraut hat, sind es in der Rückschau wohl doch die drei Arbeiten mit ihr, also „Macbeth“, „Im Dickicht der Städte“ und „Endstation Sehnsucht“, die mir als Schauspielerin am meisten abverlangt haben. Ganz anders werden Lutz Wessel und ich gerade in der Probenarbeit für „Die Unkündbaren“ gefordert, da wir den Abend ohne Textvorlage — gemeinsam mit der Regisseurin Claudia Schulz — entwickeln.

Sie haben es bereits angesprochen: Am 8. Mai haben „Die Unkündbaren“ Premiere — ein denkbar unpassender und daher umso passenderer Titel in einer Zeit größter Sparzwänge. Was erwartet das Publikum?

Basse: In „Die Unkündbaren“ warten die beiden Schauspieler Basse und Wessel in der Kantine auf ihren „letzte Einruf“ für den letzten gemeinsamen Auftritt an einem deutschen Stadttheater. Viele gemeinsame Jahre liegen hinter ihnen. Was vor ihnen liegt, ist ungewiss. Sie müssen lange auf ihren Einsatz warten, sehr lange. Während ihre letzte Vorstellung läuft, lassen sie ihr Schauspieler-Leben Revue passieren und offenbaren Glanz und Elend des Berufsstandes. Ihr Warten auf den letzten Auftritt wird zur Lebensreise mit Höhen und Tiefen. Es ist eine Reise durch dick und dünn, die (Karriere-)Leiter hinauf und hinunter, stets an Abgründen entlang. Die Kantine wird zu einem magischen Ort, an dem sich Realität und Fiktion unvermeidbar vermischen. Doch eines steht immer fest: Nichts und niemand kann den beiden ihre Theatervision zerstören.

Was erwarten Sie — Ihrerseits — vom Wuppertaler Publikum? Es wurde der aktuellen Intendanz ja immer wieder vorgeworfen, dass nicht genug Zuschauer ins Schauspiel kommen. Andererseits sind viele Abende im Kleinen Schauspielhaus ausverkauft. Ist das Wuppertaler Publikum aus Ihrer Sicht nun dankbarer und aufgeschlossener oder — im Gegenteil — kritischer und weniger begeisterungsfähig als in anderen Städten?

Basse: Das Theater, an das ich glaube, sollte kontroverse Diskussionen auslösen. Ich danke dem Wuppertaler Publikum sowohl für seine Begeisterung- als auch für seine Kritikfähigkeit.

Wie sind Sie überhaupt dazu gekommen, Theater zu machen? Gab es ein Initialerlebnis?

Basse: Eigentlich habe ich nur aus Lust und Neugier am Max Reinhardt Seminar in Wien vorgesprochen. Dort hat man mir dann zu verstehen gegeben, dass ich es lieber bleiben lassen soll . . . Damit hatte ich „Blut“ geleckt und mein Kämpfergeist war geweckt. Ein Jahr später, an meinem 22. Geburtstag, wurde ich an der Schauspielschule in Stuttgart aufgenommen.

Gibt es ein Lebensmotto?

Basse: Sich selbst nicht zu ernst zu nehmen!

Welche Rolle möchten Sie unbedingt einmal spielen?

Basse: Richard III.

Nach der Premiere ist vor der Premiere: Welche Projekte stehen als nächstes an?

Basse: Parallel zu den „Unkündbaren“ laufen schon die Proben für Christian von Treskows Doppelabend „Das Leben der Ameisen / Der Verwaiser“. Premiere ist am Samstag, 25. Mai, im Kleinen Schauspielhaus. Anschließend werde ich mich in Bonn auf Wohnungssuche geben und in den Urlaub fahren. Mitte August beginnt dann auch schon die neue Spielzeit in Bonn.

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