Weltpremiere : So gut klingt Wupper-Tull
Ian Anderson spielt in der Stadthalle mit dem Sinfonieorchester und der Kantorei Barmen-Gemarke.
Wuppertal. „Living in the Past“? Von wegen. Ian Anderson kommt zwar mit diesem alten Hit seiner Band Jethro Tull auf die Bühne, rockt frisch drauflos. Der Sänger, Komponist und Texter, der nie Flötenunterricht hatte, lässt keinen Zweifel daran, wer in der Stadthalle das musikalische Heft in der Hand hält. 120 schwarz gekleidete Musiker sind hinter ihm und seiner vierköpfigen Band versammelt — oben auf der Empore die Kantorei Barmen-Gemarke mit ihren Notenbüchern, unten das Sinfonieorchester in etwas kleinerer Besetzung.
Doch sie müssen warten. Anderson spielt zwei Songs vom Album „Homo Erraticus“ von 2014, „bevor wir das Orchester einladen, mit uns zu spielen“. Wie eh und je tippt der 67-Jährige mit der linken Ferse auf der rechten Kniescheibe den Takt, lässt seine Flöte jubeln und trillern, gurren und knurren, hat die kleine Akustik-Gitarre mit dem harten Klang immer zur Hand. Nach den hohen Gesangstönen muss sich der Brite ziemlich recken, aber das Timbre und die individuelle Atemtechnik bleiben unverwechselbar.
Doch Anderson hätte die Zuhörer gar nicht aufwärmen müssen. In der Stadthalle ist ein leicht angegrautes Publikum vorfreudig zum großen Wupper-Tull-Fest versammelt. Bap-Musiker Wolfgang Niedecken ist zwar Schirmherr der Veranstaltung, kann aber doch nicht kommen. Als Vertretung hat man Alan Bangs, einst Kult-Moderator im WDR-Rockpalast und -Hörfunk, als Moderator engagiert. Nett, ihn mal wieder zu sehen, aber diesen matten Vier-Minuten-Auftritt braucht man so dringend nicht.