Sinfoniker im Zirkus-Einsatz

Das städtische Orchester macht „The Circus“ zum Hörgenuss.

Wuppertal. Alle sind sie hinter ihm her: der Taschendieb, der verrückte Esel, die Polizei, der wütende Zirkus-Direktor. Charlie Chaplin hat es als armer Tramp nicht leicht, es seiner Umwelt recht zu machen. "The Circus", Stummfilm aus dem Jahr 1928, läuft im gut besetzten Großen Saal der Stadthalle mit musikalischer Begleitung des bestens disponierten Sinfonieorchesters Wuppertal. Wie immer in der Reihe "Stummfilm & Livemusik" übernimmt Mark-Andreas Schlingensiepen die Leitung. Versiert und punktgenau gleicht er die Musik mit den Bildfolgen ab.

Chaplin ist in seinem letzten Stummfilm Hauptdarsteller, Drehbuchautor, Cutter und Regisseur in Personalunion. Selbst die Musik lieferte er in den späten 60er Jahren des vergangenen Jahrhunderts nach und sang auch den vom Band zugespielten Titelsong "Swing little girl" selbst.

Die wilden Verfolgungsjagden durch Spiegelkabinett und Zirkuszelt malt auch die Musik mit flotten Weisen von vehementen Bläsern, eiligen Streichern und gehämmerten Xylophon-Skalen - das ist beste Krimi-Musik. Totgespielt wirkt dagegen die immer wieder neu aufgelegte Leitmelodie in schmalziger Schlager-Manier, die dann erklingt, sobald es um Zirkusreiterin Merna (Merna Kennedy), die hübsche Tochter des gestrengen Direktors, geht.

In sie verliebt sich der Tramp nämlich und nimmt ihretwegen alle möglichen Jobs im Zirkus an: als Aushilfe, als tollpatschiger "funny man", wie ihn die Zwischentexte bezeichnen und nach dem die Zuschauer jubelnd verlangen - und der doch keine Clown-Nummer, sondern einfach nur sich selbst spielt.

Dass er die Zirkus-Sensation ist, es aber selbst nicht weiß, hat der Direktor rasch erkannt. Die Zaubernummer des Magiers Bosco verwandelt der Tramp in ein wildes Jonglieren mit Vögeln, Hasen und Schweinchen. Die Tellernummer geht schief wegen des angriffslustigen Esels. Traurig zittert die Mandoline, als Merna sich in den schönen Hochseil-Artisten verliebt. Dessen Können entlockt dem eifersüchtigen Tramp nur ein müdes Gähnen. Doch als er für den verschwundenen Akrobaten den Hochseilakt übernimmt, endet das fast im Chaos, denn die versteckten Haltegurte lösen sich, und entflohene Äffchen versperren ihm die Sicht.

Für den Armen gibt es kein eigenes Lebensglück: Zu wogenden Streichern und jubelnden Bläsern streut er dem jungvermählten Paar Reis. Als die Fanfaren vom Zirkus-Aufbruch künden, bleibt ein einsamer Tramp, begleitet von klagender Cello-Melodie, allein im staubigen Rund zurück.

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