Sinfoniekonzert: Stürmische Zeiten mit friedlichem Ausklang

Tanja Becker-Bender begeisterte am Sonntag in der Stadthalle.

<strong>Wuppertal. "Stürmische Zeiten" waren am Sonntag beim 6. Konzert des Wuppertaler Sinfonieorchesters in der Stadthalle angesagt. Und tatsächlich waren die Wogen schon lange zuvor hochgeschlagen - bei der Uraufführung von Béla Bartóks "Der wunderbare Mandarin" 1926 in Köln. 1918/19 hatte Bartók die Ballettpantomime komponiert, die in der Gangster- und Halbwelt spielt, und auch die Konzertsuite erregte die Gemüter. Als trivial wurde Bartóks Musik beschimpft, als blutrünstig die Handlung. Umso gespannter erwartete das Publikum die Interpretation der Sinfoniker.

Grelle Klangfarben und hektischer Großstadtlärm

In bewährter Form präsentiert sich Toshiyuki Kamioka, als er mit plastischem Dirigat die grellen Klangfarben herausarbeiten lässt und die Klangmassen organisiert: Aggressive Rhythmik parieren die Instrumentengruppen präzise. Dissonante Glissandi und schräge Signale blasen die bestens disponierten Blechbläser, sauber und mit großem Ton kommen Soli mit orientalisierenden Schnörkeln von der Klarinette. Scharf und überhitzt soll das Orchester klingen, und in schrillen Clustern über furiosen Streicherbewegungen offenbart sich hektischer Großstadtlärm.

Obwohl dem Spätwerk zugerechnet, klingt Bartóks zweites Violinkonzert von 1937/38 streckenweise nicht harmloser. Dem virtuosen Anspruch wird die junge Solistin Tanja Becker-Bender in hohem Maße gerecht. Mit unglaublicher Energie, die man der schlanken Geigerin in fließend roter Robe gar nicht zugetraut hätte, streicht sie sich durch die zahllosen komplexen Läufe und lässt selbst in höchsten Flageolett-Tönen und bei vertrackten Doppelgriffen ihr traumhaft schönes Guaneri-Instrument singen.

Die Wechselbäder der Gefühle zwischen wahnwitzigem Aufbrausen und warmem Strömen unterstreichen Dirigat und Orchester in großem Einvernehmen mit der Solistin. Deren Paganini-Zugabe kann Bartók nicht toppen, wohl aber das innige "In Nomine" (2001) von György Kurtág, wo Becker-Bender nochmals eindringlich die warme Klangfarbe ihres Instruments und die Fähigkeit zum tiefen Eintauchen und versunkenen Nachspüren der Musik demonstriert.

In eine ganz andere Welt entführt die dritte F-Dur Sinfonie (1883) von Johannes Brahms. Wundervoll weich lässt Kamioka die Themen tupfen, kontrastiert mit energischen Einwürfen und rasanten Steigerungen. Genüsslich und im langsamen Tempo wiegen die Streicher, im herrlichen Andante kosten die Bläser ihre Themen aus, geduldig wartet der Dirigent das Ausklingen im Pianissimo ab. Auch das Allegretto wird nicht übermütig, sondern verhalten gedeutet.

Doch das Allegro-Finale mit Schulterschluss zum Kopfsatz gestalten die Sinfoniker als dramatisches, stürmisches Stück Musik, dessen friedlichen Ausklang man fast herbeisehnt.

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