Sinfoniekonzert: Feinschliff fehlt

Das erste Konzert der Spielzeit mit Werken von Maurice Ravel, Gustav Mahler und Alexander Arutjunjan in der Stadthalle wird heute wiederholt.

Sinfoniekonzert: Feinschliff fehlt
Foto: Gerhard Bartsch

So langweilig war das erste städtische Sinfoniekonzert der neuen Saison aber wirklich nicht: Ein lautes knatterndes Geräusch, das eindeutig von den oberen Atemwegen eines eingenickten Zuhörers ausgelöst wurde, war im gesamten weiten Rund des Großen Saals der Stadthalle unüberhörbar.

Das geschah ausgerechnet während einer ganz leisen Stelle im vierten Satz der fünften Sinfonie von Gustav Mahler. Es war etwa 13 Uhr. Der besagte Abschnitt war noch dran, als wenige Besucher - aber immerhin - bereits aufbrachen. Und der Finalsatz kam erst noch. Gut, die Matinee dauerte länger als gewohnt. Trotzdem hätte man wohlerzogen bleiben können.

Nur Mahlers groß angelegtes Orchesterwerk allein mit einer Dauer von etwa 75 Minuten hätte es vielleicht auch getan. Dabei zeigte das Sinfonieorchester Wuppertal wieder einmal aufs Neue seine große Klasse. Eine gefühlte Ewigkeit lang gab es kein großes Konzert mehr. Also reisten die Klassikfans sehnsüchtig in Scharen auf den Johannis-berg, höchstwahrscheinlich auch gerade wegen Mahlers Musik. Die Fünfte, die erste seiner mittleren Schaffensperiode, ist nämlich beliebt.

Für den Solotrompeter birgt sie hingegen ein paar Fallstricke. Etwa muss er sie ganz allein beginnen. Erst nach zwölf Takten, in denen er laut Anweisung „In gemessenem Schritt. Streng. Wie ein Kondukt“ ganz auf sich allein gestellt ist, fangen auch seine Kollegen zu spielen an. Ganz heikel. Etliche Misstöne hat es bei dieser Passage aus Nervosität in der Geschichte dieser Sinfonie bereits gegeben. Doch nicht bei Cyrill Sandoz. Bravourös gelang ihm jeder Ton strahlend.

Aber auch die anderen Sinfoniker waren topfit. Die fünf Abschnitte, zusammengefasst in drei Abteilungen (1. und 2. Satz / Scherzo / 4. und 5. Satz), brachten sie wie aus einem Guss zu Gehör. Es fehlte jedoch der letzte Feinschliff, der die Aufführung dieses Opus’ noch packender hätte werden lassen können. Gastdirigent Jun Märkl lotste das Orchester zwar traumwandlerisch sicher mit mustergültig klaren Anweisungen selbst durch die vertracktesten Passagen.

Doch akustisch klang manches nicht differenziert genug gerade bei sehr lauten Tutti-Stellen. Die Schlagzeugabteilung und die Blechbläser hätten getrost eine Idee leiser spielen können. Dann wäre auch hier der Reichtum an Klangfarben differenziert zur Geltung gekommen.

Die Orchesterleistung reichte aber aus, um stehende Ovationen hervorzurufen. Vor der Pause gab es mit zwei Werken eine Einstimmung auf Mahler. Die Ouvertüre „Shéhérazade“ - 1898 uraufgeführt, dann nicht mehr gespielt und erst 1975 veröffentlicht - ist ein Paradebeispiel für Maurice Ravels Kreationen an Orchesterklangfarben. Beherzt und mit festem Zugriff gelang dem Orchester unter Märkls umsichtigen Dirigat eine fein abgestufte Wiedergabe dieser knapp 15 Minuten schöner Musik.

Dann gab es noch ein kleines Konzert, mit dem jeder Trompeter seit 1950 glänzen kann: das anspruchsvolle Konzert für Trompete und Orchester aus der Feder des armenischen Komponisten Alexander Grigorjewitsch Arutjunjan. An-hand dieses Stücks können Trompeter mit hoher Musikalität und Virtuosität glänzen.

Ersteres gelang dem französischen Trompetenstar Guy Touvron, eingesprungen für den kurzfristig erkrankten Sergei Michailowitsch Nakariakov, ausgesprochen schön. Nur bei sehr schnellen Passagen perlten nicht alle Töne glasklar. Auch wurde er manchmal, wenn es laut zur Sache ging, vom Orchester ein wenig übertönt. Während seiner kurzen Zugabe als Dank für den frenetischen Beifall spielte er jedoch in allen Belangen seine ganz große Klasse aus.

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