Räuberbande verzaubert im Opernhaus

Die Geschichte geht ans Herz: „Die drei Räuber“ toben im Opernhaus.

Wuppertal. Wenn zwei Schauspielerinnen drei männlichen Kollegen die Schau stehlen, spricht das nicht unbedingt gegen die Herren der Schöpfung. In diesem Fall zeigt es vor allem eines: wie gut Marie Nest und — mehr noch — Hanna Werth ihre Rollen ausfüllen.

Denn „Die drei Räuber“ sind in Barmen angekommen: Im Opernhaus setzt Christof Seeger-Zurmühlen die rund 80-minütige Mutmach-Geschichte mit Witz, Tempo und einem Hauch Magie in Szene. Alle Jahre wieder ist das Weihnachtsmärchen eine der wichtigsten Inszenierungen der Wuppertaler Bühnen — lockt es doch im Idealfall so viele Zuschauer an wie kein anderes Stück der gesamten Saison.

Auch in diesem Jahr stehen die Zeichen auf Erfolg: Die Premiere kam am Samstag so gut an, dass es das Publikum im ausverkauften Saal am Ende nicht auf den Stühlen hielt — was vor allem am weiblichen Personal liegt.

Die Männer haben das Nachsehen: Für Strauchdiebe, die als schlicht gestrickte Naturen im Wald ihr Unwesen treiben und Kutschen überfallen, sind die Entwicklungsmöglichkeiten nun einmal per se begrenzt. Und so verleihen die drei „Räuber“ — Heisam Abbas, Hanno Friedrich und Alexander Steindorf — der Diebesbande zwar viel Situationskomik und Herz. Die tragenden Figuren sind sie trotzdem nicht — auch wenn der Titel das Gegenteil verheißen mag.

Nein, die Inszenierung lebt von anderen — von zwei kecken Kontrahentinnen. Dass Waisenkind Tiffany (Marie Nest gibt ihr Wuppertal-Debüt) um eine Entführung bettelt, um dem Waisenhaus zu entkommen, ist erst der Anfang. Herrlich, wie sie den Räubern ein Märchen erzählt: Sie sei eine indische Prinzessin — und ihr Vater zahle sicherlich Lösegold. Und dann geht’s los: Selbstbewusst bringt Tiffany den besorgten Räubern das Lesen bei, schreibt eigenhändig den Erpresserbrief, hütet vergnügt die Räuberhöhle. Und wenn alle gemeinsam das Alphabet tanzen, geht auch das Publikum mit.

Nest spielt das sympathische Entführungsopfer mit passender kindlicher Stimme, ohne den Bogen als kleines Mädchen zu überspannen. Dass man ihr die frech-fröhliche Göre abnimmt, mag auch an ihrer Körpergröße liegen — auf jeden Fall ist die Rolle bei ihr in den besten Händen.

Hanna Werth wiederum wächst erneut über sich heraus. Eigentlich ist sie für die Rolle der herrisch-verfressenen Waisenhaus-Leiterin mehrere Jahrzehnte zu jung. Trotzdem nutzt sie ihren Part als böse Tante so grandios, dass selbst erwachsenen Zuschauern angst und bange werden kann — eine Augenweide ist sie nicht allein wegen ihres Kostüms, das jeden Disney-Film krönen könnte. Dabei kann Werth in zweierlei Hinsicht überzeugen: Durch ihre Doppelrolle — sie gibt nicht nur die Rübenhexe, sondern auch einen behäbigen Polizisten — kommt Tempo ins Spiel.

Es ist sein sehr musikalischer Abend, der Gutes und Böses beleuchtet. Neben zahlreichen Instrumenten kommt auch Julia Dillmann zum Einsatz: Als mystischer Mond übernimmt sie eine Erzählerfunktion — und verleiht dem Ganzen eine geheimnisvolle Aura. So gibt es nach 80 Minuten ein Happy End — für Tiffany und die Räuber, aber auch für das komplette Bühnenteam, das für die zauberhafte Vorstellung zu Recht viel Applaus erhält.

“ Die nächste Aufführung findet am Montag um 17 Uhr statt.

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