Premiere im Taltontheater: Die Karrierefrau wird zahm

Gelungene Vorstellung: „Der dressierte Mann“, die erste Premiere des Taltontheaters in den neuen Räumen, begeisterte das Publikum.

Nordstadt. Das Thema ist alt, doch die Umsetzung umwerfend: Mit spritzigen Dialogen, witzigen Einfällen und überzeugenden Charakteren widmet sich John von Düssel in „Der dressierte Mann“ nach der Vorlage von Esther Vilar dem Geschlechterkampf. Das Taltontheater eröffnete mit der Komödie seine Räume an der Wiesenstraße. Goldumrandete Spiegel, großformatige Plakate und sehr bequeme Sitze verbreiten gemütliche Theater-Atmosphäre in der ehemaligen Schreinerei. Man sieht die Mühe, die das Laien-Ensemble hineingesteckt hat.

Professionell wie das Ambiente wirkt auch die Inszenierung. Theaterchef Jens Kalkhorst hat die Charaktere wunderbar herausgearbeitet. Helen, die erfolgreiche Bänkerin, ist eine Paraderolle für Angela del Vecchio. Mit straffem Schritt stürmt sie herein und behält in der Diskussion mit Bastian immer das letzte Wort. Ein ordentliches Frühstück zu richten, überfordert sie jedoch: Ganz mit sich zufrieden holt sie Kaffee, Milch und die „Financial Times“ — mehr braucht die Karrierefrau nicht für den Start in den Tag.

Als aber Bastian (Patrick Schiefer) angesichts der Schieflage zwischen seinem Verdienst und dem seiner Freundin die Verlobung zu lösen droht, drehen Fast-Verlobte, Mutter und Schwiegermutter voll auf: Helen wird mit Petticoat-Kleid, Staubwedel und braver Frisur ausstaffiert und erhält Nachhilfeunterricht bei Tisch-Decken, Servieren und Gattenpflege. Herrlich sind die beiden Mütter, zwei gänzlich gegensätzliche Exemplare: Antje Brandenburg stöckelt als Zahnarztgattin Konstanze Engelbrecht mit Hüftschwung durchs Wohnzimmer in der festen Überzeugung, dass Frauen nur dazu da sind, das Geld ihrer Ehemänner auszugeben und hübsch auszusehen. Dagegen hat sich Dr. Schröder-Röder (Sigrid Möllmer) voll emanzipiert und hält Männer für überflüssig. Starr stehen sich anfangs die unterschiedlichen Weltanschauungen gegenüber.

Ganz unverhofft ergibt sich schließlich jedoch eine Lösung, die alle zufriedenstellt. Ein passendes, praktikables Bühnenbild und Kostüme, die die Rollen gut unterstreichen, runden die gelungene Inszenierung ab.

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