Opernpremiere: „Tosca“ im Gewitter der Effekte

Stefano Podas düstere Premiere kommt bildgewaltig daher — doch die Figuren erreichen die Herzen des Publikums nur in Ansätzen.

Opernpremiere: „Tosca“ im Gewitter der Effekte
Foto: Uwe Stratmann

Wuppertal. Der Tod ist im Wuppertaler Opernhaus von Anfang an präsent: Zum Saisonauftakt inszeniert Stefano Poda eine düstere „Tosca“.

Typische Elemente, die er so oder ähnlich auch in seiner früheren Tosca-Inszenierung in Klagenfurt verwendete, beherrschen die Bühne: Ein schräges, riesiges Kreuz im ersten Akt, statisch schreitende Bischöfe mit Kreuzen auf Stangen, ein langer Tisch im zweiten und eine zu Boden knallende Wand im dritten Akt. Es sind beklemmende Bilder — die Grableuchten in der Kassettenwand an den Seiten, fallende und gleichzeitig projizierte Gitterstäbe, die die Liebenden schließlich einkerkern, tun das ihre.

Doch Poda will mit seiner Inszenierung keine Aussage treffen — er gehe allein von der Musik aus, sagte er im Vorgespräch mit der WZ. So beherrschen also ästhetische Bilder die Bühne, in denen die Figuren zunächst marginal, ohne Führung und unpersönlich wirken. Man vermisst eine psychologische Personenregie. Dadurch ist es schwer, mit den Figuren mitzufühlen. Auch die reichlich ausgekostete Wirkung der Drehbühne, wabernde Nebelschwaden oder Protagonisten, die am Boden liegend oder Liegestütze ausführend singen, können Dynamik und Dramatik nicht fördern.

Erst im zweiten Akt, als der lüsterne Scarpia Tosca bedrängt, ihm zu Willen zu sein, bevor er ihren Geliebten begnadigen will, baut sich endlich mehr Spannung auf. Dadurch, dass die Regie ganz auf eine Kommentierung verzichtet, fällt die im Stück enthaltene politische Dimensionen weg. So ist die Chance, einen Bezug zur Gegenwart aufzuzeigen, ungenutzt.

So bleibt nur das Abtauchen in den Rausch der Musik. Wie gut, dass aus dem Graben Schönes klingt: Das Wuppertaler Sinfonieorchester unter Toshiyuki Kamioka, der seinen Einstand als Opern-Intendant gibt, präsentiert einen farbig differenzierten Puccini — auffahrende Dramatik und lyrische Zartheit bebildern die Handlung stärker als alle Bühnen-Installationen.

Kamioka scheut sich nicht, im Fortissimo, etwa dem großartigen Te Deum, gewaltig aufzutrumpfen, denn er kann sich auf die Kraft der Stimmen in den Hauptrollen verlassen. Nur an der Feinabstimmung zwischen Bühne und Graben darf noch gefeilt werden.

Mirjam Tola als Floria Tosca singt sich zunehmend frei und glänzt mit feinem Timbre, Register-Beweglichkeit und sicheren Höhen. Ihre zauberhafte Arie „Vissi d´arte“ (Ich lebte für die Kunst) geht unter die Haut. Mikhail Agafonov als ihr Geliebter Mario Cavaradossi zeigt die größte Bühnenpräsenz und begeistert mit mächtigem Tenor von großer Strahlkraft. Mikolaj Zalasinski fehlt anfangs die dämonische Wucht als übler Scarpia — dennoch überzeugt er mit profundem Bariton.

Das Premierenpublikum jedenfalls zollte Akteuren und Regie am Ende begeisterten Applaus.

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