Wuppertaler Kultur Spiel mit den Welten

Die tote Stadt: Premiere mit musikalischen Schwächen.

 Die tote Stadt lässt Reales und Irreales wechseln.

Die tote Stadt lässt Reales und Irreales wechseln.

Foto: Oper Wuppertal/Wil van Iersel

Man befindet sich in einem schwarzen Leichenkühlraum. Aus der offenen Zelle ist die tote Marie herausgezogen. Paul kann es nicht fassen, dass seine Angebetete dort liegt. Schwarz wie der Tod sind bis auf den Hauptdarsteller und Marietta auch die Kostüme (Fabian Posca) der anderen Personen, die in diesem ersten Bild auftreten. Später ist es Nacht. Ein Auto liegt brennend auf dem Dach. In dieser Szenerie werden die Unfallopfer quicklebendig und feiern übermütig die Nonnenerweckung. Zum Schluss ist man wieder in dem Leichenkühlraum, in dem Paul zur Besinnung kommt.

Dorthin hat Regisseur Immo Karaman die Handlung anstelle eines Devotionalienraums und verlassenen Kais in Brügge verlagert, an denen Erich Wolfgang Korngolds Oper „Die tote Stadt“ aus dem Jahr 1920 eigentlich stattfindet. Über Jahrzehnte wurde sie selten bis gar nicht auf die Bühne gehoben. Mittlerweile erlebt sie eine Renaissance und ist nun auch im Wuppertaler Opernhaus angekommen. Es geht um Traum und Wirklichkeit. Was ist surreal, was Realität? Die Welten changieren bei Paul, der über den Tod von Maria nicht hinwegkommt und in Marietta meint, ein Ebenbild gefunden zu haben.

Erstklassige
Personenführung

Der Regisseur spielt mit Schein und Wirklichkeit. Man muss aufpassen, in welchen Welten was passiert. Gleichwohl sind die Wechsel stringent, wohl durchdacht. Auch ist die Personenführung mit ihrem großen psychologischen Tiefgang trotz weniger kleiner Längen erstklassig. An der Musik kann aber noch ein wenig gefeilt werden. Die Partitur ist zwar komplex, es gibt hier und da nicht leichte Passagen. Doch von einem A-Orchester, wie es das Sinfonieorchester Wuppertal ist, kann man weniger wackelige Einsätze im Allgemeinen und oberflächliche Ansätze seitens der Bläser erwarten. Außerdem lässt Johannes Pell, erster Kapellmeister der Oper, den Blechbläsern und der Schlagzeugabteilung zu viel Freiraum.

Dagegen überzeugen die Sänger der Nebenrollen, Opern- und Kinderchor der Bühnen (Einstudierung: Markus Baisch) mit ausgewogenen und ausdrucksstarken Stimmen. Der Tenor von Jason Wickson als Paul ist ein wenig zu unausgewogen, da zu hart im Forte und blass wie wenig textverständlich im Piano. Sopranistin Susanne Serfling in der Doppelrolle Marietta/Marie versucht mit zu viel Vibrato den Rollen gesanglich gerecht zu werden, worunter nur der emotionale Gehalt leidet.

Der Schlussapplaus des Premierenpublikums zeugt davon, dass es von der Inszenierung eingenommen ist. Dauer: etwa zweieinhalb Stunden inklusive einer Pause nach dem zweiten Bild. Weitere Vorstellungen: 22., 30. Juni und 12. Juli.

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