Nostalgie und Gänsehaut: Kult-Krimi im Taltontheater

„Bei Anruf Mord“: Regisseur Jens Kalkhorst sorgt an der Wiesenstraße für Spannung.

Wuppertal. Wer etwas zu verbergen hat, gibt sich zugeknöpft: Tony Wendice (Lars Lienen) tritt stets exakt angezogen und mit hoch geschlossenem Hemd und Jackett auf. Und auch der undurchsichtige Captain Lesgate (Patrick Schiefer) trägt einen eng verknoteten Gürtel um seinen Mantel. Der etwas naive Liebhaber Max (Tom Raczko) hingegen kommt mit offenem Anzug und oberstem Hemdenknopf.

Jens Kalkhorst achtet im Taltontheater bei dem Nostalgie-Krimi „Bei Anruf Mord“ auf viele Details. Eine opulente Ausstattung schmückt den aus dem Fernsehen bekannten Krimi. Geraffte Stores, Oma-Sessel mit hohem Sitzpolster und eine riesige alte Radio-Truhe sorgen für 60er-Jahre-Flair. Bei Sheila endet der Rock die vorgeschriebene Handbreit unter den Knien und die Bluse ist mit der damals üblichen großen Schleife verziert.

Doch auch sprachlich-mimisch hat Jens Kalkhorst mit seinen Darstellern gefeilt. Lars Lienen als Ehemann Tony, der den Mord an seiner Ehefrau Sheila von Beginn der Ehe an geplant hat, um an ihr Geld zu kommen, agiert stets kühl und beherrscht.

Seine Worte wirken wohlgesetzt und berechnet. Ganz das Gegenteil dazu ist Sheilas Liebhaber Max: Unsicher schlurft Tom Raczko herein, er wirkt wie ein sanfter und ein bisschen verträumter Jüngling.

Tabea Schiefer spielt dazwischen Sheila als sorgsame Gattin, ihrem Ehemann gegenüber untertänig, aber auch voller Lebensfreude. Wie ihr Verhältnis zu Max nach seiner einjährigen Rückkehr aus dem Ausland ist, bleibt unklar. Nachdem sie in Notwehr den gedungenen Mörder Lesgate erstochen hat, fällt sie verschreckt in sich zusammen.

Beeindruckend ist Tabea Schiefers Darstellung der Sheila, als diese nach ihrer Verurteilung zum Tod als gebrochene Frau in ihr Heim zurückkehrt. Sehr beflissen wirkt Dirk Büchsenschütz als Inspektor Hubbard. Trotzdem bleibt es unverständlich, warum er die offenkundigen Hinweise auf Tony als Urheber des Mordes nicht akzeptieren will. Erst als er von anderer Seite wieder auf Tony gestoßen wird, ermittelt er diesmal hartnäckig.

So wird am Ende der richtige Mörder gefasst — doch ein wirkliches Happy End bleibt aus. Freuen können sich jedoch die Zuschauer über diese spannende und vielschichtige Inszenierung.

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