Underground Ausdruck des Inneren und der Kreativität

Mitglieder der Compagnie des Tanztheaters Pina Bausch erarbeiten weitere Stücke.

 Oleg Stepanov eröffnete mit seiner Arbeit „I can’t be present due to Traveling“ den Abend.

Oleg Stepanov eröffnete mit seiner Arbeit „I can’t be present due to Traveling“ den Abend.

Foto: ja/Karl-Heinz Krauskopf

Das Wort Underground wird viel verwendet. Das Tanztheater Wuppertal Pina Bausch bezeichnet damit sein Format, das Kreativität und Experimentierfreude kombiniert. Am Dienstagabend zeigten in der oberen Ausstellungshalle des Skulpturenparks fünf Tänzerinnen und Tänzer Performances, die sie, teils mit Gästen anderer Kunstsparten, geschaffen haben. Arbeiten, die weiter wachsen wollen. Das Wort Underground wurde dabei durchaus wörtlich genommen: Es ging immer wieder um das, was im Untergrund, im Innersten eines Menschen steckt. An Gefühlen, Gedanken, Erinnerungen, Unbewältigtem. Die zahlreichen Besucher reagierten beeindruckt und jubelten.

Den Auftakt machte eine abstrakte und puristische Inszenierung, für die Oleg Stepanov allein verantwortlich zeichnet. Er nahm sich nichts Geringeres als den Begriff der Leere für seine Arbeit vor. In „I can’t be present due to Traveling“, so der Arbeitstitel, kämpfte er virtuos mit einem den Raum dominierenden, silbernen Würfelballon (das „ideale, perfekte, symmetrische Nichts“, so Stepanov), dem er schließlich selbst die Luft nahm. Der Tänzer selbst verwandelte sich unterdessen eindrucksvoll in ein tierähnliches Wesen, das, die knisternde Hülle im Mund, ins Dunkel neben der Halle entschwand.

Wer am Wochenende im Ausstellungspavillon gewesen war, hatte über zwei Videoinstallationen einen Vorgeschmack auf zwei weitere Arbeiten erhalten. Die eine, Julie-Anne Stanzaks (Choreografie und Tanz) und Nathalie Larquets (Konzept, Inszenierung, Choreografie) „L’Exil des Manatées“, dreht sich um Erinnerungen, die in einem „alten Haus“ wach werden. Umgesetzt mit Film und Bildprojektionen, natürlichen Utensilien wie Baumstumpf und Fell, Musik, Wort und Schrift, vor allem aber mit dem Körper der Tänzerin. Stanzak kämpft mit den Spuren der Vergangenheit, fühlt ihnen nach, gibt ihnen ein sensibles Echo. Zärtliche, sentimentale und verzweifelte Bilder entstehen, die nachhallen.

Der Körper spiegelt die Erinnerungen wider

Auch Ruth Amarante (Tanz und Choreographie) geht mit Lee Yanor (Film) auf Spurensuche. Im Mai drehten sie in den Ruinen des ersten Kinos von Tel Aviv (Israel) Szenen, die sie, umrahmt von kurzen Live-Tanzabläufen Amarantes, auf drei riesigen Leinwänden abspielten. Dabei gehen die Einsamkeit des verlassenen Ortes und die Tänzerin Amarante eine anrührende, sehr persönliche Verbindung ein. „My body remembers“ widmet sich der Tänzerin, deren Bewegungen und Gedanken um Angst, Kontrollverlust und Freiheit kreisen. Das Projekt soll im kommenden Jahr zu einer abendfüllenden Choreographie ausgebaut werden.

Die deutlichste Verbindung zu Pina Bausch stellten die Tänzer Nazareth Panadero und Michael Strecker mit ihrem Stück „Two die for ... (kein Krimi“) her, das mit vielen Elementen arbeitet, die an die verstorbene Tanztheaterbegründerin erinnern: Von den Requisiten (Stühle, Zigaretten), über die Wiederholung der Bewegungsabläufe, die Themen (Wechselspiel zwischen Mann und Frau zwischen fürsorglicher und zärtlicher Nähe und abrupter, brutaler Abwehr; Einsamkeit), den unverhofft einsetzenden Humor bis hin zur Musikwahl und den unvergleichlichen Monologen der Spanierin Panadero. Am Ende gibt es eine anrührende Reminiszenz, als sie Michael Strecker fragt, was er am Todestag von Pina Bausch gemacht habe. Auftakt eines nicht enden wollenden Tanzes zu zweit.

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