Museum Mit VR-Brille und Controller das Triadische Ballett zusammensetzen

Wuppertal · In der Ausstellung über Oskar Schlemmer im Von der Heydt-Museum können die Besucher Kunst auch auf virtueller Ebene erleben.

 Henrike Stein von der Kunstvermittlung des Von der Heydt-Museums in der Mixed Reality Installation „Oasis“. 

Henrike Stein von der Kunstvermittlung des Von der Heydt-Museums in der Mixed Reality Installation „Oasis“. 

Foto: Fries, Stefan (fri)

Die Zukunft steckt in einer begehbaren Greenbox, die außen mit Spanplatten verkleidet und innen mit grünem Stoff ausgelegt ist. Wer sie betritt, muss Überzieher anziehen. Zwölf reale Quadratmeter umfasst der Boden, die sich auf mehrere hundert virtuelle Quadratmeter ausdehnen, sobald der Besucher die VR(Virtual Reality)-Brille aufgesetzt hat. Hinter der Mixed-Reality-Installation „Oasis“ steckt der Franzose Florian Froger, der sie mit einem Team für das Bauhaus-Jahr 2019 geschaffen hat. Ins Von der Heydt-Museum kam sie durch die aktuelle Oskar-Schlemmer-Ausstellung. Sie trägt dazu bei, „Kunst auch über andere Sinne erfahrbar zu machen“, erklärt Karolina Bürger bestimmt. Die junge Frau arbeitet in der Kunstvermittlung des Hauses und freut sich, dass das Angebot gut angenommen wird – von allen Generationen.

Die Ausstellung „Oskar Schlemmer - Komposition und Experiment“ spürt vor allem den Wuppertaler Jahren des bekannten Bauhäuslers nach, der 1888 in Stuttgart geboren wurde und 1943 in Baden-Baden starb. Sein Kernthema war die Figur im Raum. Bei seiner Beschäftigung mit Bühne und Tanz schuf er das berühmte Triadische Ballett, in dem er auf der Basis der geometrischen Formen Tänzer in stilisierte Objekte verwandelte, die sich im Raum bewegten. Bürger: „Für Schlemmer begann mit der Triade das Kollektiv, das er in seinem Ballett in allen Disziplinen umsetzte. Es hat drei Farben, drei Tänzer, drei Grundformen, arbeitet mit Bühne, Figur und Klang.“

Eine ungeheure Innovation in den 1920er/30er Jahren, die nun durch „Oasis“ mit digitalen Mitteln eine Erweiterung erfährt. Die virtuelle Realität, so Kunsthistorikerin Anna Storm im Katalog zur Ausstellung, sei eine mediale Prothese, die dem Menschen eine neue Körpererfahrung vermittle und das Wegweisende Schlemmers betone. Froger selbst nennt sie „Edutainment“ (aus englisch: Bildung und Unterhaltung), in dessen Sinne er einige Figuren des Schlemmerschen Balletts adaptierte und zunächst für die Museumsbesucher der Kunstsammlung Gera interaktiv erleb-, modellier- und fassbar machte. Intuitiv solle der Besucher in die erzieherisch-unterhaltende Inszenierung hineinfinden.

Allein auf einem Handzettel vor dem Eingang stehen ein paar wichtige Hinweise zum Handling. Im Raum selber nimmt der Besucher die Controller in die Hände, setzt VR-Brille und Kopfhörer auf, die die Ohren mit Hintergrundgeräuschen beschallen, und wird Bestandteil einer künstlichen Welt. Diese hält drei Szenarien für ihn bereit. Um sich mit den Controller vertraut zu machen, gilt es zunächst geometrische Formen in entsprechende Rahmen einzufügen. Ist dies geschehen, erscheinen drei unfertige Tanzfiguren, die der Nutzer aus geometrischen Körperteilen zusammensetzt. Schließlich beginnen diese auf drei großen Bühnen zu tanzen, der Besucher kann sie zu sich holen, wegschicken, sich mitbewegen. Ein Mitbwegen, das real auf wenigen Quadratmetern stattfindet, weshalb kleine Schritte angeraten sind. Bürger: „Der Besucher setzt die Figurinen zusammen und wird als Spieler selbst zur Puppe, wird entindividualisiert. Er erlebt so Schlemmers Kernthema.“

Der Besucher kann Schlemmers Kernthema selbst erleben

Als Kuratorin Beate Eickhoff das Angebot Frogers erhielt, war sie begeistert und wusste zugleich, dass es nicht unkommentiert übernommen werden konnte, einen Kontext brauchte. Also wurde es Bestandteil eines Mitmachraums, der außerdem mit Lackfarben versehene Tafeln zum Befühlen anbietet. An einer Wand hängt eine Magnettafel, auf der mit geometrischen Formen Figuren zusammengesetzt werden können. Besucher können sich mit Elementen, die den Kostümen des Triadischen Balletts nachempfunden wurden, verkleiden und fotografieren.

„Oasis“ selbst, hat Bürger beobachtet, mache die Besucher neugierig. Das Angebot werde von allen Altersstufen angenommen. Die Digital Natives seien zwar intuitiver unterwegs, aber auch ältere Besucher ließen sich gerne aufs Experiment ein. Mittels zweier Monitore, die außen an der Box angebracht sind, können andere verfolgen, was sich drinnen tut. Bürger: „Sobald einer in der Installation ist, setzen sich Leute hin und schauen zu“, fotografieren, filmen. Edutainment eben.

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