Karla Schneider: Die Autorin hat wieder „Feuer gefangen“

Theorie und Praxis: Die Wuppertalerin las — und sprach über den Schreibprozess.

Wuppertal. Wer im Literaturhaus Wuppertal liest, hat als Autor bereits Bücher veröffentlicht, ist ein talentierter Newcomer oder ein prominenter Vorleser.

Zur ersten Kategorie gehört Karla Schneider, die viele Kinder- und Jugendbücher und Romane für Erwachsene in verschiedenen Verlagen veröffentlicht hat. Am Dienstagabend las die 1938 in Dresden geborene und seit 1979 in Wuppertal lebende Autorin aus ihrem unveröffentlichten, noch nicht fertiggestellten Roman „Die Schreibmaschine“.

Und tatsächlich schreibt Schneider die Erstfassungen ihrer Texte noch stets mit der Schreibmaschine, bevor sie sie dem Computer anvertraut.

In der Ich-Erzählform erlebt die Protagonistin, die zehnjährige Salome, die Nachkriegszeit. Weil ihre Mutter in der Zeit des Mangels eine Schreibmaschine besitzt, tippt sie die Texte einer benachbarten Bühnenautorin. Salome selbst ist stets auf der Suche nach Lesestoff, den sie bei einer weiteren Nachbarin findet. Deren Sohn Kilian, den sie an einem heißen Sommertag mit einem Mann auf der Terrasse tanzen sieht, übt eine geheimnisvolle Anziehung auf das Mädchen aus.

Schneider schreibt im lebendigen Fluss. Autoren-Kollege Michael Zeller, der stellvertretend für Vereinsvorsitzende Anne Linsel die Autorin vorstellte, attestiert ihr Schärfe und Genauigkeit in ihren Erzählungen. Schneider findet von spannungsreich und farbig erzählten Nebenhandlungen stets zurück zum roten Faden. Die Erzählung, hin und wieder mit Wörtern im Dialekt und treffenden Neuschöpfungen gespickt, lebt vom Vortrag der Autorin. Mit leicht sächsischem Zungenschlag verleiht sie ihrem Text Lebendigkeit und Authentizität. Dass „schwiemelig“ einen Zustand wie graues Wetter beschreibt, was Lächel-Beulen sind und was Zutunlichkeit bedeutet, erfahren die Zuhörer im Kontext.

Das Interesse und der große Zuspruch der Zuhörer habe sie ermutigt, nach einer längeren, krankheitsbedingten Pause den Roman nun mit neuer Motivation fortzuführen und zu Ende zu bringen, gesteht Schneider am Lesungsende: „Ich musste Feuer bekommen, damit die Maschine wieder losrattert.“ Auf das Ergebnis darf man gespannt sein.

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