Istanbul als Baustelle: Türkisches Großstadt-Flair in Elberfeld

Kammeroper von Ali N. Askin ist Teil des Türkei-Festivals.

Elberfeld. 30 Einzelszenen mit einem roten Faden zu verbinden — das war die nicht leichte Aufgabe von Johannes Weigand, der bei der Uraufführung der Kammeroper von Ali N. Askin „Insan. Insaat. Istanbul.“ (Mensch. Baustelle. Istanbul.) Regie führt.

Im Kleinen Schauspielhaus konnte das Premieren-Publikum, unter das sich am Sonntagabend nur wenige türkische Mitbürger mischten, gleich drei Handlungsstränge verfolgen: Da gibt es zunächst ein Touristenpaar (Ute Zehlen in einer Sprechrolle und Thomas Schobert), das Istanbul erkundet und durchaus Fremdes erlebt — es sorgt auch für amüsante Momente. Außerdem gibt es die Tochter (Banu Böke), die in einem anderen Land lebt und die Eltern (Miriam Ritter, Konstantinos Stavridis) besucht, denen sie fremd geworden ist. Und dann sind da noch Liebespaare in Schattenrissen, die nicht von ungefähr an die türkischen Karagöz-Schattenspiele erinnern. Immer geht es um Trennung oder fehlende Akzeptanz der Verbindung.

Komponist Ali N. Askin scheut keine Anleihen bei Rock und Pop-Musik. Stark rhythmisch und vor allem polyrhythmisch klingt seine Musik meist, weshalb ein großes Schlagwerk-Arsenal mit guten Spielern gefordert ist. Aber es gibt auch melodische und meditative Weisen, Anklänge an die Minimal-Music, Geräusch-Klänge und Cluster, um Großstadtflair zu verbreiten und programmatisch begleitende Klänge, um Bild- oder Wortszenen zu untermalen. Den klassischen Instrumenten — die Sinfoniker spielen unter Tobias Deutschmann — stellt der Komponist E-Gitarre, Keyboard und Sampler zur Seite und den Szenen fügt die Regie Video-Projektionen mit und ohne Überblendungen bei.

Gesungen wird meist hinter der Projektion, was bei einigen „Arien“, etwa den ruhigen und ergreifend von der Sopranistin Banu Böke vorgetragenen, Sinn macht, weil es nicht vom Gesang ablenkt. In anderen möchte man gerne die Protagonisten handelnd und singend sehen.

Nicht immer sind Szenen so eindeutig und witzig wie etwa die im Restaurant, als Touristen die Speisekarte auch tänzerisch und pantomimisch erläutert wird. Thomas Schobert ist mit pfiffigen schauspielerischen Effekten präsent, die sängerische Leistung dagegen ist unbefriedigend. Miriam Ritters Rollen bleiben etwas blass und Konstantinos Stavridis stemmt streckenweise die Höhe.

Nervend wirken die ständigen auf- und zugezogenen Gardinen als Raumtrenner. Trotz freundlichem Applaus bleibt klar: Das Ganze ist nicht mehr als die Summe seiner Teile geworden.

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