Interview: TiC-Theater: Neuer Name – neues Konzept

Ralf Budde, neuer Geschäftsführer in Cronenberg, möchte das Profil der Kultbühne schärfen und die Krise als Chance nutzen.

WZ: Das Theater in Cronenberg (TiC) heißt jetzt TiC-Theater. Sie möchten also ein Zeichen setzen?

Ralf Budde: Ja, das stimmt. Viele Zuschauer sprachen schon früher vom "TiC-Theater". Den Namen haben wir einfach aufgegriffen - natürlich auch als Signal für einen Neustart.

WZ: Noch vor einem halben Jahr war die Zukunft des Theaters fraglich. Da machte die Bühne mehr Schlagzeilen durch das Finanzdrama als durch das Programm. Nach der Insolvenz wurde die Auffanggesellschaft "TiC-Theater Gemeinnützige GmbH" gegründet. Wie sieht es aktuell aus?

Budde: Ein Neustart bedeutet natürlich viel Arbeit im Detail. Das TiC steht wieder ganz am Anfang. Es gibt nicht nur auf der Bühne, sondern auch im Hintergrund viel zu tun - bei der Stückauswahl, beim Kartenbestellservice, bei Verwaltungsaufgaben. Das ist wie bei einem Computer: Wir erneuern nicht nur die Soft-, sondern auch die Hardware. Zu den Aufräumarbeiten und Umstrukturierungen gehört vor allem auch die Analyse: Was ist da, und wie kann man das, was da ist, optimieren?

WZ: Bisher waren Sie "nur" Schauspieler und Regisseur, jetzt sind Sie auch Krisenmanager. Welche Erfahrungen haben Sie gemacht?

Budde: Es gab viel Unterstützung und einen breiten Konsens darüber, dass das Theater unbedingt erhalten werden soll. Auf dieser Basis hat Insolvenzverwalter Stephan Ries neue Strukturen und ein neues Team zusammengestellt. Das hat er perfekt gelöst - personell wie konzeptionell.

WZ: Wie organisiert sich das TiC neu?

Budde: Es gibt zwei zusätzliche Gremien. Bisher war der TiC-Förderverein alleiniger Gesellschafter. Jetzt gibt es neben dem Verein eine Gruppe von Gesellschaftern und einen Beirat - also ein beratendes Kontrollgremium.

WZ: Der Vorteil ist, dass das Theater nun auf mehreren Säulen steht. Haben Sie andererseits keine Befürchtungen, dass einer dem anderen bei der Arbeit hereinredet?

Budde: Die Praxis zeigt: Wir blockieren uns nicht gegenseitig. Im Gegenteil. Der Insolvenzverwalter hat gute Leute zusammengetrommelt. Jeder hat zwar sein Fachwissen und seinen Kompetenzbereich. Wir arbeiten aber Hand in Hand. Je mehr Menschen sich mit der Bühne verbunden fühlen, umso besser ist es.

WZ: Apropos Finanzen: Wie das TiC aufgestellt?

Budde: Der Insolvenzverwalter hat die Losung ausgerufen: Kapital statt Kredit. Nun gilt es, die Kapitaldecke zu halten und auszubauen. Zum Glück haben wir viel Hilfe bekommen. Die neuen Gesellschafter übernehmen Verantwortung - auch finanziell.

WZ: Wie ist die Publikumsresonanz?

Budde: Die Zuschauer sind uns treu geblieben und halten uns die Stange. Auch das ist ein Zeichen. Im Januar hatten wir fast 2000Zuschauer, das hat unser gesetztes Ziel deutlich übertroffen. Durch den Umbruch sind viele sogar zum ersten Mal ins Theater gekommen. Andererseits haben unsere Gäste die Umstrukturierungen nach außen hin nicht zu spüren bekommen. Es sind keine Vorstellungen ausgefallen.

WZ: Wie ist die Stimmung im Ensemble?

Budde: Im Ensemble herrschen eine unglaubliche Aufbruchstimmung - und ein Enthusiasmus, wie ich ihn noch nie erlebt habe. Einige Ensemblemitglieder wollen sich deshalb demnächst sogar ganz neu einbringen: Wir machen eine theaterpädagogische Abteilung auf.

WZ: Wie sieht der inhaltliche Umbruch aus?

Budde: Es war von Anfang an unsere erklärte Absicht, nicht alles von Null auf Hundert umzukrempeln. Wir wollen die künstlerischen Schienen langsam umlegen, die Zuschauer sollen, um im Bild zu bleiben, nicht aus der Kurve fliegen. Wir wollen ja niemanden vergraulen. Gleichzeitig haben wir ein klares Ziel: Wir müssen unser eigenes Profil stärker herausstellen.

WZ: Wie wollen Sie das Profil schärfen?

Budde: Es wurde zu viel Boulevardtheater gespielt. Der Kostendruck führte bisher zu dem Glauben, viele populäre Stücke spielen zu müssen. Wir wollen versuchen, langsam in eine andere Richtung zu kommen, und unsere Stärken ausspielen. Das sind die Begeisterung der Darsteller und die unmittelbare Nähe zum Publikum. Das Klassenzimmer-Stück "Die Feuerzangenbowle" spielen wir ab Oktober in der alten Borner Schule. Und im April kommt das "Weiße Rössl". Eine Operette im TiC - das dürfte spannend werden.

WZ: Genauso wie die nächste Produktion: "Der Hund von Baskerville" feiert am 15. Februar Premiere.

Budde: Ja, und es wird lustig-gruselig. Die Krimifassung von Florian Battermann ist relativ neu und sehr humorvoll.

WZ: Wird’s auch historisch?

Budde: Der karierte Mantel, die Mütze und die Pfeife müssen natürlich sein. Sherlock Holmes kommt schließlich zum ersten Mal ins TiC.

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